Pränataluntersuchungen

Diskussion um Trisomie 21-Test dpa/APOTHEKE ADHOC, 06.07.2012 10:10 Uhr

Berlin - 

In den kommenden Wochen will die Konstanzer Firma Lifecodexx mit PraenaTest den ersten Trisomie-21-Test in Deutschland auf den Markt bringen. Bei dem neuen Testverfahren wird mit Hilfe einer Speichelprobe des Vaters und einer Blutprobe der Mutter das Erbgut des Ungeborenen untersucht. Der Fall hat kontroverse Diskussionen entfacht.

 

Die vereinfachte Methode wird allerdings vielfach auch kritisch gesehen. Medizinethiker äußern Bedenken wie: Wer darf zu welchem Zeitpunkt welche genetischen Informationen erhalten? Dürfen auch Gene identifiziert werden, die erst spät auftretende Krankheiten verursachen können?

Derzeit erarbeitet der Deutsche Ethikrat im Auftrag der Bundesregierung eine Stellungnahme zur Zukunft der genetischen Diagnostik. Der Bundesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, hat die Bundesländer zum Verbot eines neuen Schwangerschafts-Bluttests auf das Down-Syndrom aufgerufen.

Hüppe geht es nicht nur um diesen Test. Es geht um Recht auf Leben und um die Frage, ob mehr Eltern durch weitere Diagnosemöglichkeiten ein behindertes Kind abtreiben lassen würden. In den USA sind bereits zwei weitere Gen-Tests für Schwangere in der Pipeline. Das Wissen über ein ungeborenes Kind würde damit noch größer – die Versuchungen auch.

„Ich halte den Test für illegal“, sagte Hüppe. Ein bei der Universität Bonn in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten bestätige, dass er kein zulässiges Diagnosemittel nach dem Gendiagnostikgesetz sei. Es sei vielmehr zu befürchten, dass die „Rasterfahndung“ nach Menschen mit Down-Syndrom verstärkt werde.

 

 

Für Gutachter Professor Dr. Klaus Ferdinand Gärditz ist der Test mit geltendem Recht nicht vereinbar – weder mit der Menschenwürde noch mit dem Grundgesetz: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, heißt es dort. „Der Test ist eine existenzielle Benachteiligung“, sagt Gärditz. Denn er suche ohne medizinischen Zweck, wie zum Beispiel einer Gefahr für Mutter und Kind, nach einer bestimmten genetischen Abweichung.

Schon lange gibt es Fruchtwasseruntersuchungen, die auch auf Trisomie-21 testen. Sie sind nicht verboten, obwohl die Entnahme mit einer langen und spitzen Nadel für ein Embryo nicht völlig ungefährlich ist. Der Effekt aber ist eindeutig: 90 Prozent der Eltern entscheiden sich nach dem sicheren Wissen um ein Down-Syndrom gegen ihr Baby. Warum sollte aber ein Bluttest bei der Mutter, der weit weniger gefährlich ist als eine Fruchtblasenpunktion, unzulässig sein – argumentiert die Herstellerfirma LifeCodexx aus Konstanz.

Ein Verbot des neuen Tests dürfte ohnehin schwierig werden. Die Schwerter sind stumpf, gibt Hüppe zu. Nur Betroffene könnten dagegen klagen. Doch Mütter, die den Test nutzen, werden das kaum tun. Der Test sei auch kein Arzneimittel, müsse also kein Zulassungsverfahren durchlaufen. Er sei aber ein Medizinprodukt, dem Länderbehörden nach Auffassung des Behindertenbeauftragten die Genehmigung verweigern können. Bislang habe aber kein Bundesland Einwände erhoben, sagt eine Sprecherin der Firma LifeCodexx.