Direkt vor der Anhörung: BVDVA schießt gegen Bühler APOTHEKE ADHOC, 27.01.2020 11:35 Uhr
Kurz bevor Pharmaziestudent Benedikt Bühler im Bundestag unter den Augen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seine Rx-VV-Petition verteidigt, schießt der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) nochmal gegen das Vorhaben und seinen Initiator persönlich. Er verweist darauf, dass nicht einmal die ABDA hinter Bühler steht und dass es widersprüchlich sei, wenn ausgerechnet er sich gegen die Hollandversender stellt.
Der BVDVA geht aber noch weiter: Es seien nicht die Vor-Ort-Apotheken, die es zu retten gelte. „Allein die von Bühler unausgesprochene Annahme, dass Versandapotheken eine flächendeckende Arzneimittelversorgung und Arbeitsplätze gefährden, ist schlichtweg falsch. Versandapotheken stärken die Versorgung gerade auf dem Land und haben schon viele Arbeitsplätze geschaffen“, so BVDVA-Vorstand Christian Buse. „Dabei ist eigentlich klar: Die Vor-Ort- und Versandapotheken ergänzen sich sehr gut“.
Der Verband arbeitet sich aber nicht nur an der Branche ab, sondern auch an Bühler persönlich: Der 20-Jährige studiert nämlich in Budapest. „Da gerade Bühler vom europäischen Gedanken profitiert, ist sein Kampf gegen die europäische Rechtsprechung schwer nachvollziehbar“, so der BVDVA. „Genauso wie junge Leute überall studieren können, Freizügigkeit mit Blick auf den Arbeitsplatz herrscht, genauso ist es mit digitalen Angeboten und Warenströmen jeglicher Art: Sie sollten nicht an einer administrativen Grenze Halt machen.“
Im gleichen Atemzug wendet sich der BVDVA allerdings selbst gegen die europäische Rechtsprechung: Das eigentliche Problem sei nämlich nicht der Rx-Versand, sondern das EuGH-Urteil vom Oktober 2016. Dadurch bestehe „aktuell tatsächlich eine Ungleichheit zwischen deutschen und europäischen Apotheken“, weil die Hollandversender Boni gewähren dürfen, deutsche Apotheken – und damit auch deutsche Versandapotheken – aber nicht.
„Die Lösung des seit Jahren bestehenden Konflikts liegt aber nicht in einem Verbot, sondern beispielsweise einer Höchstpreisverordnung für verschreibungspflichtige Arzneimittel“, fordert der BVDVA. „Schließlich wollen die deutschen Bürger Umfragen zufolge den Arzneimittelversand und nutzen ihn seit 15 Jahren.“ Ohne es explizit auszuformulieren verweist der BVDVA dabei auch auf die politische Gemengelage, die ein Rx-Versandverbot tatsächlich unwahrscheinlich erscheinen lässt. Das Thema sei „schon länger vom Tisch“, heißt es kurz und knapp.
Dass es niemanden mehr interessiere, kann deshalb aber auch der BVDVA nicht behaupten: Bühlers Petition ist die unterzeichnerstärkste in der Geschichte des Bundestags und hat entsprechend viel Staub aufgewirbelt. Nicht zuletzt so viel, dass Spahn angekündigt hat, persönlich an der Anhörung teilzunehmen. Ministerbesuch ist auch für den Petitionsausschuss eine seltene Ehre.
Recht hat der BVDVA hingegen mit dem Verweis auf die fehlende Unterstützung durch die ABDA. Im Rahmen eines Fachgesprächs hatte Bühler erneut nach den Gutachten der Professoren Udo di Fabio, Jürgen Schwarze und Ulrich Becker gefragt, um seine Argumente vor dem Ausschuss damit untermauern zu können. Doch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz und Pressesprecher Dr. Reiner Kern halten es für nicht opportun, jetzt mit den Gutachten an die Öffentlichkeit zu gehen. Der eingeschlagene Weg von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Rx-Boni über das Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) zu verbieten, soll nicht schon wieder verlassen werden. Doch die Strategie der ABDA-Spitze ging nicht auf: Für die mangelnde Unterstützung Bühlers seitens der Standesvertretung hagelte es viel Kritik und auch die Geheimhaltung der Gutachten scheiterte. Zumindest teilweise wurden sie Bühler anonym zugespielt.