Versandhandel

Dingermann befürchtet Todesfälle Alexander Müller, 06.11.2007 16:33 Uhr

Berlin/Bad Leonfelden - 

Mit drastischen Worten hat ein renommierter Arzneimittelexperte den Versandhandel mit Medikamenten über das Internet kritisiert. „Wir werden durch die leichtfertig verfügte Liberalisierung der Vertriebswege für Arzneimittel unsere Toten bekommen, mehr als uns lieb sein kann“, warnte Professor Dr. Theodor Dingermann auf der Klausur des Österreichischen Apothekerverbandes in Bad Leonfelden. Deutschland habe mit „offiziell anerkannten Internet-Apotheken“ bereits rechtlich die Schleusen geöffnet, illegale Anbieter überschwemmten den Markt in ganz Europa mit gefälschten Pillen.

Kern des Problems sei, dass es in Europa eine Strömung gebe, die das Apothekenwesen für Kapitalgesellschaften öffnen wolle. Diese würden dann in Zukunft „Markt und Meinung kontrollieren“, wie es derzeit schon in Norwegen zu beobachten sei, sagte Dingermann, der als Pharmazie-Professor an der Goethe-Universität in Frankfurt tätig ist. Aufgabe des Apothekers sei es jedoch nicht, eine besonders gewinnbringende, sondern eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Diese Werte gelte es, immer und immer zu betonen und eine entsprechende Stimmung in der Öffentlichkeit zu erzeugen, forderte Dingermann.

Dr. Friedemann Bachleitner-Hofmann, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes, ist froh, dass die Situation in Österreich anders ist. Die Regierung wehre sich gegen den Trend der Liberalisierung des europäischen Apothekenmarktes. Erst kürzlich habe sie gegenüber der EU erneut betont, dass Arzneimittel besondere Waren seien. Folglich handele es sich beim Apothekenmarkt um einen atypischen Markt, erklärte Bachleiter-Hofmann.

Auch er glaubt nicht an eine sichere Versorgung durch Internet-Anbieter und Konzerne, die Apothekenketten besitzen. Sie zielten lediglich darauf, so viele Arzneimittel wie möglich zu verkaufen und ihren Gewinn zu maximieren. Dies sei mit den Grundsätzen der Apotheker nicht vereinbar, erklärte der Verbandschef. Erst jüngst seien wieder Meldungen aufgetaucht, wonach jedes zweite im Internet gehandelte Medikament gefälscht sei. Das Bundeskriminalamt berichte von einer explosionsartigen Verbreitung von illegalen Potenzmitteln über das Internet, so Bachleitner-Hofmann. Zwar beneide ganz Europa Österreich „um das System der Arzneimittelsicherheit mit kontrollierter Medikamentenabgabe durch unser besonders geschultes und universitär ausgebildetes Fachpersonal“, sagte Bachleitner-Hofmann. Doch seine Warnung lautete: „Wehret den Anfängen.“