Die Systemsprenger aus der Eifel

Apotheker will PTA-Vertretung durchklagen Alexander Müller, 15.03.2023 10:49 Uhr

An der Geschichte der Rursee-Apotheke in der Eifel könnte eine große Frage des Apothekenrechts abgearbeitet werden. Foto: Rursee-Apotheke
Berlin - 

Entscheidet sich an der Rursee-Apotheke in Nideggen bei Düren die Zukunft der deutschen Apothekerschaft? Bis nach Karlsruhe ist es noch ein weiter Weg, aber Inhaber Bodo Möller-Holtkamp ist fest entschlossen – und mit der passenden Familiengeschichte ausgestattet. Was nicht so gut in die Geschichte passt: Die Apotheke wird Ende April schließen.

Es begann mit dem Ärger um die Buslinie. Die Rursee-Apotheke wird von Möller-Holtkamps 77-jährigen Partnerin geführt, die in der dunklen Jahreszeit aufgrund ihrer Sehschwäche mit dem Rurtalbus zur Arbeit kommen muss. Weil der Bus fahrplanmäßig erst um 9.14 Uhr vor der Apotheke hält, war die angestellte PTA morgens regelmäßig eine Viertelstunde alleine. Das brachte Möller-Holtkamp Ärger mit der Aufsicht ein.

Vor dem Amtsgericht Düren sei die Sache relativ schnell abgehandelt worden, berichtet Möller-Holtkamp. Die Amtsrichterin habe zwar Verständnis für seine Position gezeigt, aber auf die geltenden Vorschriften verwiesen. Und die sehen eben die Präsenz eines oder einer Approbierten vor. Statt der zunächst angedrohten 1200 Euro habe er am Ende nur 200 Euro bezahlen müssen, die Amtsapothekerin sei dann als Zeugin gar nicht mehr hereingebeten worden, berichtet Möller-Holtkamp. Allerdings droht ihm wohl noch ein berufsrechtliches Verfahren.

Mit der Apothekerkammer hatte sich Möller-Holtkamp auf einen Kompromiss verständigt. Seinem Antrag auf verkürzte Öffnungszeiten wurde Ende Januar stattgegeben – allerdings befristet. Bis Ende März darf die Rursee-Apotheke erst 9.30 Uhr öffnen. Nach dem Ende der dunklen Jahreszeit kann Möller-Holtkamps Partnerin wieder mit dem Auto fahren und pünktlich aufschließen.

Doch Ende April wird dann endgültig Schluss sein: „Wir werden schließen, aus Personalgründen“, kündigt Möller-Holtkamp gegenüber APOTHEKE ADHOC an. Die einzige PTA verlässt die Apotheke, Möller-Holtkamp ist selbst 80, seine Partnerin könne den Betrieb auch nicht ganz allein aufrechterhalten.

Städte mit Frittenbudendichte

Damit könnte die Akte eigentlich geschlossen werden. Doch Möller-Holtkamp will gerichtlich durchfechten, dass PTA ausnahmsweise zur Vertretung berechtigt werden. „Das Bestreben der Kammeroberen ist offenbar eine Reduzierung der Apothekenzahl. In Städten mit ihrer ‚Frittenbudendichte‘ kann ich das noch einsehen. Aber auf dem Lande, wo es nur eine Apotheke gibt, ist das eine bedenkliche Sache.“

Die Rursee-Apotheke sei wirtschaftlich zu betreiben, so der Inhaber, aber in einem sehr labilen System. Die Öffnungszeiten sind auf das Minimum begrenzt: 9 bis 12 und 15 bis 18 Uhr, mittwochnachmittags und samstags ist die Apotheke geschlossen. Rezepte werden mittags von der Praxis abgeholt, bis zu 50 „Schicker“ abends ausgefahren. Fällt vom Personal jemand aus, müssten sich die umliegenden Apotheken irgendwie aushelfen, aber auch das gehe nicht mehr.

PTA-Vertretung in Landapotheken

Aus seiner Sicht müssten die gesetzlichen Vorgaben zwischen Stadt- und Landlagen unterscheiden. Unter definierten Bedingungen müsste es in diesen Apotheken erlaubt sein, dass eine PTA die Arzneimittelabgabe alleine verantwortet, findet Möller-Holtkamp. Seine zugespitzte These über den Alltag in der Offizin allgemein: „Das am wenigsten Wichtige in der Apotheke ist der approbierte Apotheker.“

Deshalb will er die PTA-Frage vor Gericht klären lassen – notfalls durch alle Instanzen. Ob Möller-Holtkamp, der noch zwei weitere Apotheken betreibt, bis zu einer endgültigen Klärung überhaupt noch beruflich aktiv ist, kann bezweifelt werden. Aber das Klären von Grundsatzfragen scheint irgendwie in der Familie zu liegen.

Sein Urgroßonkel Wilhelm Schäfer aus Nideggen hatte 1950 die Personalkonzession für die Elefanten-Apotheke in Düren erhalten. Nach seinem Tod 1952 wollte seine Tochter Fanny Lettau den Betrieb übernehmen, was dem damaligen Modell der staatlichen Zuteilung widersprach. Lettau zog bis vor das Bundesverwaltungsgericht und erkämpfte die Niederlassungsfreiheit. Fanny Lettau sei seine Großtante gewesen, so Möller-Holtkamp. „Ich würde an diese Tradition anknüpfen.“