Apotheker:innen diskutieren

Die Streikfrage

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Berlin -

Die Ärzt:innen machen es vor und streiken gegen die Sparmaßnahmen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Auch unter Apotheker:innen wird über solche Aktionen gesprochen, bislang aber nur in der Theorie.

In den sozialen Medien wird bereits eifrig über einen Streik der Apotheken diskutiert. Sogar ein konkretes Datum kursierte schon: An den nächsten beiden Mittwochnachmittagen sollten die Apotheken bundesweit schließen. Das Gerücht über einen angeblichen schon vorliegenden Beschluss seitens der Abda wurde allerdings schnell als Falschmeldung wieder einkassiert. Und bei einzelnen Landesapothekerverbänden war zu etwaigen geplanten Maßnahmen auch noch nichts bekannt. Auf Facebook signalisieren einige Diskutanten aber ihre Bereitschaft, einen Nachmittag zu schließen.

Auslöser der Proteste ist das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG), mit dem unter anderem der Kassenabschlag der Apotheken für zwei Jahre von 1,77 auf 2 Euro erhöht werden soll. Das würde eine jährliche Belastung der Apotheken von 120 Millionen Euro entsprechen. Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening hatte angekündigt, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit diesen Plänen nicht durchkommen werde und auf das parlamentarische Verfahren verwiesen.

Doch in der 1. Lesung des Gesetzes im Bundestag ging es so gut wie gar nicht um die Apotheken. Und die Bedenken des Bundesrats hat die Regierung bereits zurückgewiesen. Aus den Regierungsfraktionen ist wohl auch keine Hilfe zu erwarten. Im Gegenteil: Die FDP hat eine Prüfbitte an das Bundesgesundheitsministerium geschickt. Die Fraktion möchte wissen, welche Einsparungen es bringen würden, wenn der 3-prozentige Zuschlag beim Apothekenhonorar auf einen Höchstwert von 45 Euro begrenzt würde. Nach Berechnungen von APOTHEKE ADHOC würde das eine zusätzliche Belastung von 237 Millionen Euro bedeuten.

Da die Erhöhung des Kassenabschlags wohl nicht mehr abzuwenden ist, gibt es in der Standesvertretung Zweifel, ob ein Streik jetzt die richtige Maßnahme wäre. Jedenfalls bräuchte so eine Aktion einen gewissen Vorlauf – und einen rechtlich sauberen Rahmen. Denn genauso wie Ärzte dürfen Apotheker nicht streiken. Die Praxen haben ihre Protestaktionen in dieser Woche beispielsweise als Fortbildungsmaßnahmen „getarnt“. Auch um politisch Druck aufzubauen, wäre eine offizielle Ankündigung sicherlich geboten. Und nicht zuletzt gibt es die Befürchtung, dass streikende Apotheken nicht auf das breiteste Verständnis in der Bevölkerung treffen – auch das zeigen die Ärzteproteste.

Die letzten Apotheker-Demos

Zuletzt waren im März 2019 Apothekerinnen und Apotheker auf die Straße gegangen. Rund 400 Menschen demonstrierten damals in Berlin unter dem Slogan #retteDeineApotheke für den Erhalt der Apotheke vor Ort. 2012 verkauften Apotheken in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland nur über das Notdienstfenster; damals ging es um das Honorar. Rund 4000 Apotheken wurden von den Verbänden zum Streik aufgerufen, mindestens 90 Prozent beteiligten sich an der Maßnahme.

Die letzten offiziellen Apothekerdemos auf der Straße gab es Ende 2006: In Hamburg, Leipzig, München und Düsseldorf demonstrierten Apotheker gegen das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) und die Erhöhung des Kassenabschlags auf 2,30 Euro.

Ärzte streiken schon

Was einen möglichen Streik gegen das Spargesetz betrifft, sind die Ärzt:innen schon einen Schritt weiter: Schon am Mittwoch hatten tausende Kassenärzte in mehreren Bundesländern gegen die Sparpläne protestiert. Die Mediziner wenden sich dagegen, dass sie für die Behandlung von Neupatienten künftig weniger Geld bekommen sollen. Weil sie – genauso wie die Apotheken – formal nicht streiken dürfen, wurde der Protest als Fortbildungsveranstaltung deklariert.

Am heutigen Freitag sollen viele Berliner Kinder- und Jugendarztpraxen sollen geschlossen bleiben. Dazu hatte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) aufgerufen. Etwa die Hälfte der Praxen in Berlin nehme an dem Protest teil, sagte der Sprecher des Landesverbandes. Demnach gibt es in Berlin rund 180 Praxen, die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen.

Schon jetzt sei die flächendeckende Versorgung von Kindern und Jugendlichen nicht mehr sichergestellt, hieß es in einer Mitteilung. „Diese Situation wird durch die Abschaffung der Neupatientenordnung weiter verschärft.“ Der Wegfall der Extra-Honorierung für Neupatienten in Praxen ist ein Bestandteil eines geplanten Finanzpakets, um die Krankenkassen zu entlasten. Neben der Beibehaltung dieser Regelung fordert der Verband mehr Digitalisierung und Wertschätzung der ambulant tätigen Fachkräfte.

Sollte sich die Politik nicht bewegen, wollen die Ärzte ihre Proteste fortsetzen. „Es wird weitere Mittwoche geben, wo die Praxen
geschlossen sind“, sagte Dirk Heinrich, Vorsitzender der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung in Hamburg.

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