Krankenkassen

Die schlummernden Rabattverträge der AOK

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Mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) greift bei den Rabattverträgen künftig das Kartellrecht. Zwar hat das Bundeskartellamt in seiner Stellungnahmen zum Gesetz betont, dass es die Ausschreibungen in ihrer derzeitigen Form nicht beanstanden wird. Trotzdem wollen die Wettbewerbshüter genau hinschauen: Grundsätzlich handele es sich auch bei der Bündelung von Nachfragemacht durch gemeinsamen Einkauf um einen kartellrechtlich relevanten Vorgang, sagte ein Sprecher der Behörde gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Nach den Leitlinien der EU-Kommission sei ein Marktanteil von weniger als 15 Prozent unkritisch. Bei den Rabattverträge spielten dabei auch die Regionallose eine Rolle. „Für die Beurteilung der Rabattverträge durch das Bundeskartellamt wird es entscheidend sein, ob die Nachfragebündelung effektiv auf die in einem Regionallos zusammengefassten AOKen begrenzt wird“, so der Sprecher.

Für die Portfolioverträge gelte dies analog: „Arzneimittelmärkte werden üblicherweise nach Wirkstoffen abgegrenzt; bei der Untersuchung von Portfolioverträgen ist es also entscheidend, ob die Krankenkassen als Nachfrager einzelner Wirkstoffe über Marktmacht verfügen“, sagte der Sprecher. Eine genauere Bewertung sei derzeit noch nicht möglich.

Spannend wird zudem, wie die Oberlandesgerichte die Rabattverträge bewerten werden. Mit dem AMNOG wurde die Zuständigkeit für Klagen gegen Entscheidungen der Vergabekammer von den Sozial- auf die Zivilgerichte verlagert.

Bei der sechsten AOK-Ausschreibung sind mehr als die Hälfte der Wirkstoffe wegen Nachprüfverfahren blockiert. Sollte die Kasse die Ausschreibung nicht wie geplant im Juni 2011 an den Start bringen, entgehen ihr Einsparungen in Millionenhöhe. Die Ausfälle könnten allerdings abgefedert werden - von den schlummernden Portfolioverträgen. Dabei sollte es die längst nicht mehr geben.

Die AOKen haben auf Landesebene mit nahezu sämtlichen Herstellern Sortimentsverträge geschlossen. Zwar fallen alle Wirkstoffe heraus, die bundesweit ausgeschrieben werden. Doch nach Ende der Laufzeit dieser Tenderverträge greifen wieder die alten Abmachungen. Denn diese wurden nur in den wenigsten Fällen gekündigt. Mehrere Hersteller bestätigten dieses Vorgehen gegenüber APOTHEKE ADHOC. Die AOKen sind dabei keineswegs alleine. Einige Unternehmen werben sogar im Internet mit ihren Sortimentsverträgen bei verschiedenen Kassen.

Dabei hat das Bundesversicherungsamt (BVA) die Kassen schon mehrfach aufgefordert, ihre bestehenden Portfolioverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Denn mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) hat der Gesetzgeber den Weg der öffentlichen Ausschreibung bei Rabattverträgen vorgegeben. Seit Ende 2008 dürfen die Kassen keine Portfolioverträge mehr abschließen. Das BVA hat allerdings nur beschränkte Mittel, eine schnelle Kündigung in der Praxis durchzusetzen. Denn über die Laufzeit der vor dem Verbot geschlossenen Verträge schweigen Kassen und Hersteller.

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