Arzneimittelbewertung

Die Pharmaindustrie, das BMG und der G-BA Patrick Hollstein, 10.09.2010 12:48 Uhr

Berlin - 

Die Erkenntnis, dass Gesetzestexte gelegentlich aus der Feder von Lobbyisten stammen, ist nicht neu. Dass die Pharmaindustrie detaillierte Vorschläge machen darf, wie die Nutzen-Bewertung von neuen Arzneimitteln auszusehen hat, schon. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dementiert zwar, für einen Änderungsantrag beim Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) abgeschrieben zu haben. Doch das könnte noch kommen.

Seitdem das BMG im vergangenen Jahr mit einem Urteil des Bundessozialgerichts die Fachaufsicht über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) verloren hat, macht man sich in den Partei- und Konzernzentralen Gedanken, wie die Entscheidungen des Gremiums von Ärzten und Krankenkassen besser kontrolliert werden können. Denn in Zukunft soll der G-BA entscheiden, ob neue Arzneimittel einen echten Zusatznutzen haben oder ins bestehende Preisgefüge eingegliedert werden.

Laut Kabinettsbeschluss sollte sich der G-BA eine Verfahrensordnung geben, laut Änderungsantrag soll das BMG nun per Rechtsverordnung die wichtigsten Vorgaben machen. Man könne es einem Gremium in solchen wichtigen Fragen nicht überlassen, den Rahmen für die eigenen Tätigkeiten zu stecken, heißt es aus Unionskreisen.

Nachdem Süddeutsche Zeitung und Berliner Zeitung den Wortlaut eines VFA-Papiers mit dem des Änderungsantrags verglichen hatten, konterte das BMG, die Hersteller hätten ihrerseits aus dem Kabinettsentwurf zitiert.

Doch es geht nicht nur um den Antrag: Mit dem Vorschlag, eine Rechtsverordnung zu erlassen, hatte der VFA Ende August gleich sieben Paragraphen vorformuliert, mit denen die Details zur Arbeit des G-BA bei der Nutzenbewertung geregelt werden könnten. Es geht um Fristen und Methoden, um Parameter und Protokolle.

Ungewöhnlich findet man das Vorgehen in der Berliner Lobby-Szene nicht. Und tatsächlich: Abgesehen vom VFA haben dem Vernehmen nach auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und einzelne Hersteller Vorschläge in die Friedrichstraße geschickt. Auf die Rechtsverordnung darf man gespannt sein.