Im Zuge des Apothekenprotests in Erfurt und Dresden hatte Inhaberin Suzana Stojanovic ein handgeschriebenes Plakat im Schaufenster ihrer Titania-Apotheke in Berlin aufgehängt. Das Feedback ihrer Aktion hat ihren Optimismus schrumpfen lassen: „Die Menschen glauben einfach nicht, dass es uns nicht gut geht.“
Seit 2021 ist Stojanovic Inhaberin; von der Abda fühlt sie sich jedoch nicht ausreichend unterstützt. Während die Apothekerin im vergangenen Jahr in Dresden mitprotestierte, war für sie in diesem Jahr der Aushang ihr „persönlicher ‚Dresden-Gang‘, um die Menschen vor Ort darauf aufmerksam zu machen, was in den Apotheken vor Ort aktuell los ist“. Denn das Medienecho der Proteste empfindet sie als zu schwach: „Die Menschen werden einfach nicht erreicht.“
Das Apothekenteam wurde oft auf das Plakat angesprochen. „Die Menschen sind überrascht: ‚Die Medikamente kosten doch so viel‘ oder ‚Die Ausgaben der Krankenkassen sind doch so groß für Arzneimittel‘, sind Sätze, die das Team immer wieder zu hören bekommt.“ Stojanovic kennt die Antworten darauf auswendig: „Ich erkläre dann, dass wir von dem Medikament, das sie via Rezept einlösen, von 6 Euro überleben müssen und dass wir es geschafft haben, trotzdem bis heute zu überleben. Die dramatischen Veränderungen, die uns mit dem Apothekenreformgesetz (ApoRG) ins Haus stehen, werden uns gar nicht mehr erlauben, dass wir richtig für die Kunden da sind.“ Sie fügt hinzu: „Wir reden alle vom Mindestlohn. Da wäre ich auch gerne dabei, wenn das so weitergeht.“
„Es ist noch sehr viel Aufklärungsbedarf da, was Apotheke eigentlich bedeutet“, schätzt Stojanovic. Ihr Vorschlag: „Man müsste den Kunden verständlich machen, was es braucht, um eine Apotheke vor Ort zu halten.“ Forderungen wie ein höheres Honorar seien für die Kundschaft oft nicht nachvollziehbar. „Eigentlich müsste wirklich jeder Patient, der bei uns sein Rezept einlöst, von uns hören: ‚So, damit wir auch etwas verdienen, müssen Sie Ihr Medikament selbst bezahlen.‘ Wahrscheinlich werden sie es sonst nicht verstehen“, meint die Inhaberin.
Die aktuellen Gegebenheiten empfindet sie als „ganz großes Durcheinander“, vorrangig durch den überwiegenden Gebrauch der eGK für das E-Rezept. Oft wissen Kundinnen und Kunden nicht, was ihnen tatsächlich vom Arzt verordnet wurde. Da der überwiegende Teil die Gematik- oder Kassen-Apps, in denen die E-Rezepte vorab einsehbar sind, nicht nutzt, kommt es am HV oftmals zu Überraschungen. „Der Patient hat nichts in der Hand. Ich lese ihm die Verordnung vor oder drucke sie nochmal aus, um zu zeigen, was der Arzt überhaupt verordnet hat.“
Das sei laut Stojanovic allerdings nur die erste Hürde, die im Kundengespräch genommen werden müsse. Die zweite Hürde sei die Nichtlieferbarkeit. „Da geht es dann mit dem Unverständnis weiter, warum wir das Medikament denn nicht einfach bestellen. Das ist wirklich frustrierend.“ Wird das ApoRG durchgesetzt, werde eine Aufklärungsarbeit, wie sie sie jetzt praktiziere, nicht mehr möglich sein, so Stojanovic. „Wir müssen uns unser Recht erkämpfen, überhaupt da zu sein.“
Dass Apothekenteams nicht mehr als Fachleute wahrgenommen werden, spürt die Inhaberin auch im Zusammenspiel mit Arztpraxen. „Wenn wir beispielsweise Nachfragen wegen einer Interaktion haben, sprechen wir nie mit einem Arzt“, beklagt sie. Hintenraus ist die Kundschaft verärgert, weil sie im Zweifelsfall nicht mit dem verordneten Arzneimittel versorgt werden kann. „Wir müssen uns dafür rechtfertigen, dass wir das Präparat erst abgeben können, wenn wir Klarheit haben“, beklagt die Apothekerin.
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