Kommentar

Die gelben Prügelknaben Alexander Müller, 27.09.2012 15:35 Uhr

Berlin - 

Kurze Honorarhistorie: Anfang Juli kann sich Jens Spahn (CDU) gut vorstellen, dass die Fixpauschale der Apotheken auf 8,35 Euro angehoben wird. Exakt drei Wochen später schlägt Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) eine Anhebung des Honorars auf 8,35 Euro vor. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (auch FDP) ist einverstanden. Am 19. September beschließt das Bundeskabinett (Union und FDP) das neue Honorar: 8,35 Euro. Die Apotheker sind sauer, hassen die FDP – und wollen beim nächsten Mal die Union wählen. Das verstehe wer will.

 

In nur drei Jahren hat es die FDP geschafft, eine gigantische Unterstützung von Seiten der Apotheker fast komplett zu verspielen. Angesichts der harten Einschnitte durch das AMNOG, neuer Bürokratibürden in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und der Pick-up-Lüge ist die Enttäuschung der Pharmazeuten verständlich.

Doch während sie Bahr und Rösler lieber heute als morgen in die Wüste schicken würden, steht die Union in der Gunst der Wähler sogar besser da als vor der Wahl 2009. Irgendwie haben es CDU und CSU fertig gebracht, den Koalitionspartner zum gelben Prügelknaben zu degradieren. Das Spiel funktioniert für die Union in vielen Politikfeldern, doch nirgends so reibungslos wie bei den Apothekern.

Heute würden die Pharmazeuten Spahn sogar zum neuen Gesundheitsminister wählen, oder Johannes Singhammer (CSU), der als Fraktionsvize auch für die schwarz-gelbe Politik steht. Vielleicht leidet die FDP unter der Verantwortung der Schlüsselressorts, möglicherweise schrecken auch die Protagonisten bei SPD und Grünen die Apotheker ab. Die Union erscheint so als das kleinste Übel.

 

 

Eine nicht unbedeutende Anzahl der Apotheker hat allerdings eine überraschende Alternative für sich entdeckt: Favorit der Pharmazeuten ist hinter der Union Die Linke. An die Idee, dass selbständige Unternehmer sich einer Partei mit sozialistischen Werten zuwenden, muss man sich gewöhnen.

Doch für die neue Liebe gibt es eine Erklärung: Die Linke ist bei allen Schlüsselthemen auf der Seite der Pharmazeuten: Gegen Ketten, gegen Pick-up, gegen Rx-Boni und sogar gegen den Rx-Versandhandel.

Dass die Linken den Apothekern für eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gerne auch mehr Honorar zugestehen würden, ist ohne Budgetverantwortung jedoch ein wackliges Versprechen. Und die Apotheker sollten sich in einem Punkt keine Illusionen machen: Wenn es um die Verteilung des Fixhonorars geht, weiß Die Linke, wo sie herkommt – und dürfte sich schnell an die Seite der Adexa stellen.