Der Großhandel kommt also zuerst an die Reihe: Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will bei dessen Marge das Fixum fixieren. Das sagt eigentlich alles über dieses Unterfangen. Die Politik will ein Zeichen setzen und verkennt dabei die Realitäten, kommentiert Alexander Müller.
„Spätestens, spätestens“ im Herbst will Spahn sein Reformpaket für den Apothekenmarkt vorlegen. Erste Überlegungen sickerten schon durch, dazu zählt die Rabattsperre für den fixen Teil der Großhandelsvergütung von derzeit 70 Cent pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel. Diesen Aspekt will man jetzt vorziehen. Das wäre eine Reaktion auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) und – so eine Lesart im Ministerium – ein Warnschuss an die ABDA.
Die Großhändler dürften dann nur noch aus ihrer variablen Honoraranteil von 3,15 Prozent Rabatte an die Apotheken gewähren. In Wahrheit bestehen die Konditionen schon heute regelmäßig aus viel mehr Variablen. Und sie liegen im Einzelfall – etwa bei den margenstarken günstigen Präparaten – über 3,15 Prozent. Mit anderen Worten: Die 70 Cent wurden auch in der Vergangenheit schon rabattiert.
Relativ typisch sind dabei „unechte Skonti“. Der eigentliche Sinn des Skonto, die Entschädigung für eine vorfällige Zahlung, wird dabei entkernt. Der Nachlass wird etwa nur auf bestimmte Produktgruppen gewährt oder enthält gar kein Zahlungsziel. Daneben gibt es Zahlungen für Datenlieferungen, bei denen die tatsächliche Gegenleistung zumindest fraglich ist. Auch Bonuszahlungen, die am Ende eines Quartals oder Jahres an den Apotheker oder die verhandelnde Gruppe ausgeschüttet werden, müssten eigentlich auf die Gesamtkondition angerechnet werden. Das betrifft in letzter Konsequenz sogar die Dividenden der Genossenschaften.
Die Phantasie der Großhändler ist auf der anderen Seite allerdings ebenso lebhaft. Da gibt es nicht näher begründete Servicepauschalen, Zusatzgebühren für den Mindestlohn oder die Benzinkosten und etliche andere Sonderposten, mit denen die gewährten Rabatte wieder einkassiert werden können.
Es wird nicht überraschen, dass große Apotheken oder gar Verbünde in dieser Gemengelage besser wegkommen als kleine Einzelkämpfer mit geringen Umsätzen. Daran wird eine Fixierung der Großhandelsmarge nichts ändern. Im Zweifel wird dem Außendienst die Arbeit bei den kleinen Apotheken sogar noch erleichtert.
Der Gesetzgeber wird vielleicht noch weiter gehen. Im Apothekenpaket im Herbst ist eine Anpassung der Großhandelsmarge vorgesehen. Dem Vernehmen nach soll das Fixum erhöht werden, ein Betrag von 96 Cent ist im Gespräch. Dem entspräche kostenneutral gerechnet ein variabler Honoraranteil von etwa 2 Prozent, der nach der neuen Logik allein für Rabatte zur Verfügung stünde.
Mal abgesehen von der Frage, ob der Gesetzgeber multinationale Großhandelskonzerne, bei denen das Kartellamt in schöner Regelmäßigkeit einrückt, überhaupt vor den Apotheken beschützen muss: Bis zu welchem Grad will der Gesetzgeber die Einkaufskonditionen der Apotheken regeln und damit dem Wettbewerb entziehen?
Natürlich hat kein Apotheker Anspruch auf Rabatte. Aber hat ein Großhändler das Recht, seine gestiegenen Spritkosten auf die eigenen Kunden umzulegen? Das Arzneimittelgesetz (AMG) beschreibt die Leistung des Lieferanten so: „Vollversorgende Arzneimittelgroßhandlungen müssen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung der mit ihnen in Geschäftsbeziehung stehenden Apotheken gewährleisten.“ In der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ist von keiner Servicepauschale die Rede. Apothekern und Großhändlern könnte wieder einmal ein heißer Herbst bevorstehen.
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