AVNR-Chef Preis zu Lieferengpässen

„Die Apotheken werden viel investieren müssen“

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Berlin -

Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), geht davon aus, dass die Lieferengpässe bei Arzneimitteln noch jahrelang anhalten und die Apotheken teuer zu stehen kommen werden. Im Interview mit dem Deutschlandfunk sprach Preis über den Alltag in den Apotheken und Kompromisse in der Versorgung.

„Die Lage ist in vielen Fällen sehr dramatisch“, so Preis im Interview. Er sei seit 30 Jahren im Beruf und habe so etwas noch nie erlebt. Die Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zeige nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit. Hier seien 300 Präparate gelistet, „nach unserer Einschätzung sind es mehr als 1000 Medikamente, die fehlen“.

1 Million Stunden Arbeit

Besonders betroffen machten die fehlenden Fiebersäfte für Kinder. Aber auch die Umstellung der Medikation für ältere Patient:innen sei sehr aufwändig. Selbst so gängige Mittel wie Pantoprazol seien kaum noch zu haben. Patient:innen müssten dann auf Omeprazol umgestellt werden, der Wirkstoff habe aber viel mehr Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.

Die Apotheken investieren laut Preis jeden Monat etwa eine Million Stunden Arbeitszeit, damit aus den Lieferproblemen keine Versorgungsprobleme entstehen. „Im Moment schaffen wir es noch, dass jeder versorgt aus einer Apotheke gehen kann, aber in der Therapie müssen dann Kompromisse gemacht werden“, so Preis im Deutschlandfunk.

Produktion nach Asien verlagert

Und aus seiner Sicht werden die Lieferprobleme zunehmen. „Jetzt im Winter auf jeden Fall, aber sie werden auch im nächsten Jahr anhalten.“ Das Grundsatzproblem der verlagerten Produktion werde die Bundesregierung auch mit einem neuen Gesetz so schnell nicht lösen können. Im Gegenteil: In Österreich werde im kommenden Jahr die letzte Antibiotika-Produktion in Europa geschlossen. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir in den nächsten Jahren weiter erhebliche Probleme haben im Bereich der Versorgung mit Medikamenten. Die Apotheken werden viel investieren müssen, damit aus Lieferproblemen keine Versorgungsprobleme werden können.“

Preissteigerungen erwartet

„Wir Apotheker warnen seit über einem Jahrzehnt, dass wir die Medikamentenproduktion in Europa immer weiter einschränken und alles nach Fernost, insbesondere Indien und China, verlagern“, so Preis. Seit der Corona-Pandemie seien diese Lieferketten gar nicht mehr sicher – zumal die Nachfrage weltweit steige.

Mit dem jetzt eingetretenen Mangel sei es ein bisschen wie mit der Gas- und Öl-Versorgung. Auch in diesem Bereich hätten viele seit Jahren vor einer zu großen Abhängigkeit von Russland geraten. „So ähnlich wird es jetzt bei Arzneimitteln sein.“ Bezogen auf Arzneimittel bedeute das, dass die Hersteller jetzt die Preise anziehen müssten – Stichwort Aufzahlung bei Medikamenten.

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