Morbi-RSA

Diagnose-Katalog für Ärzte

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Ärzte sollen künftig Krankheiten ihrer Patienten nicht mehr dramatischer darstellen, damit deren Krankenkassen mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds bekommen. Zu Beginn des kommenden Jahres sollen neue Richtlinien zur korrekten Angabe der Krankheiten Abhilfe schaffen. Die Diagnosen der Mediziner sollen somit anhand von „Plausibilitäts-Richtlinien“ überprüfbar werden.

Vertreter einzelner Kassen seien in Arztpraxen aufgetaucht und hätten zu entsprechenden Diagnosen gedrängt, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Köhler.

Über die Neuregelung wollen KBV und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in den nächsten Wochen verhandeln. Am 1. Juli wollen beide Seiten die „Kodierrichtlinien“ erstmals vorlegen. Der GKV-Spitzenverband zeigte sich zuversichtlich zu den Einigungschancen. Nötig sei eine „qualitätssichernde Komponente“ gegen unerwünschte Effekte des Codierens der Krankheiten, sagte eine GKV-Sprecherin.

Hintergrund ist, dass die Kassen für Versicherte mit einer oder mehreren von 80 Krankheiten aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) höhere Zuweisungen aus dem Fonds bekommen. Dafür müssen Chroniker aber genau eine oder mehrere der vorgegebenen Diagnosen erfüllen. Für einen Patienten mit Depression erhalte eine Kasse etwa 1006 Euro aus dem Fonds, für einen Psychotiker dagegen 1964 Euro, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl.

Es seien rund 100 Einzelfälle versuchter Einflussnahme von Kassen auf Ärzte dokumentiert. Rund zehn Euro hätten Kassen für ein Bemühen um lukrativere Diagnosen geboten. Es handele sich um ältere Fälle, die bereits „abgestellt“ seien. Einen Überblick über diese Einzelfälle hinaus gebe es nicht, hieß es übereinstimmend von KBV und GKV-Verband.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte in der Vergangenheit bereits auf die Möglichkeit staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen bei betrügerischen Kassen hingewiesen. Im Februar wurde zunächst das Bundesversicherungsamt (BVA) in Bonn tätig: Kassen, die in kürzester Zeit durch stark gestiegene Krankenzahlen auffallen, sollten trotzdem nicht mehr Geld aus dem Fonds bekommen.

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