Digitalisierung

Deutschland bei E-Health weit abgeschlagen

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Berlin -

Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens hinkt Deutschland weit hinter anderen EU-Staaten hinterher. Im alljährlich erscheinenden „Digital Economy and Society Index“ (DESI-Index) kommt die EU-Kommission zu einem ernüchternden Urteil: „Die extrem niedrige Nutzung von elektronischen Gesundheitsdiensten spiegelt die vergleichsweise niedrige Akzeptanz solcher Dienste sowohl unter Allgemeinmedizinern als Krankenhäusern wider.“ Erheblichen Nachholbedarf sieht die Kommission auch bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung.

Obwohl das E-Health-Gesetz der Bundesregierung „Meilensteine“ bei der Entwicklung einer digitalen E-Health-Infrastruktur und der umfassenden Nutzung einer elektronischen Gesundheitskarte in allen medizinischen Einrichtungen ab Mitte 2018 setze, „ist es immer noch unklar, ob diese Zielvorgabe erreicht wird“, kritisiert die EU-Kommission das langsame Tempo. Auch bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung schneidet Deutschland im EU-Vergleich „am schlechtesten“ ab. „Bei der Nutzung digitaler öffentlicher Dienstleistungen liegt Deutschland EU-weit auf Platz 21“, so der Länderbericht. Deutschland sei eines der EU-Länder mit der niedrigsten Online-Interaktion zwischen Behörden und Bürgern. Nur 7 Prozent der deutschen Internetnutzer machten von Zeit zu Zeit Gebrauch von digitalen Gesundheitsdienstleistungen. Hier liege Deutschland in Europa auf Platz 26.

Für die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) ist das schlechte Abschneiden nicht weiter erstaunlich. Die Apobank hat den DESI-Index ausgewertet: Mit Blick auf die inzwischen fast 15 Jahre andauernde Entwicklung der Telematikinfrastruktur (TI) inklusive der elektronischen Gesundheitskarte in Deutschland könne der Platz 21 nicht weiter erstaunen. „Die Digitalisierung steckt hierzulande sicherlich noch in den Kinderschuhen. Gleichwohl konnten wir in den vergangenen Jahren beobachten, wie erste Pilotprojekte einen Weg in das deutsche Gesundheitswesen finden. Dass sich zuletzt die Ärzteschaft für die Fernbehandlung ausgesprochen hat, ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Nutzen der Digitalisierung hierzulande zunehmend erkannt wird“, so Daniel Zehnich, Leiter des Kompetenzzentrums ApoHealth.

Als besonders positive Beispiele für Digitalisierung gelten für die Apobank Estland, Finnland und Dänemark. Das kleine Estland sei seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 mit seinen 1,3 Millionen Einwohnern zum Vorreiter in Sachen Digitalisierung und E-Gouvernement geworden. Kostenfreier Internetzugang sei gesetzlich garantiert und mehr als 99 Prozent der 2400 Staatsservices funktionierten online über den Personalausweis. Ein integrierter Chip speichere darauf alles, was den Staatsbürger ausmacht und man kann ihn von der Steuererklärung bis zur Stimmabgabe bei der Wahl für alle erdenklichen Maßnahmen einsetzen.

Wer seine Arztrezepte einlösen möchte, logge sich in der Apotheke mit dem Ausweis ein und erhalte die gewünschten Medikamente – ganz ohne Papier. Mögliche Wechselwirkungen könnten vom Apotheker oder dem verschreibenden Arzt sofort festgestellt werden, denn alle Medikationsdaten seien unter der jeweiligen ID gespeichert.

Estland ist laut Apobank weltweit das erste Land, in dem flächendeckend eine elektronische Gesundheitsakte eingeführt wurde, die alle medizinischen Daten einer Person von der Geburt bis zum Tod enthält. Die Übertragung der Daten geschieht über die „X-Road“, ein dezentrales System, das den Datenaustausch zwischen autorisierten Datenbanken ermöglicht und in allen staatlichen Bereichen genutzt wird.

Finnland verfügt seit Langem über große Expertise in der Informations- und Mobiltechnologie. Die Digitalisierung gehöre zu den Kernkompetenzen Finnlands: Das Land sei europäischer Spitzenreiter beim Online-Banking und der Verwendung von Cloud-Lösungen. Aktuell ist der Bereich Digital Health laut Apobank der größte Hightech-Exportsektor des Landes. Das Sammeln von genetischen Informationen und der Aufbau von biologischen Datenbanken hat in Finnland eine lange Tradition.

Elektronische Krankenakten sind in Finnland flächendeckend Standard – ausnahmslos jeder Finne besitzt eine. Der Informationsaustausch via elektronischer Patientenakte zwischen Hausärzten und öffentlichen oder privaten Krankenhäusern ist entsprechend hoch: 90 Prozent läuft digital. Seit 2017 sind elektronische Rezepte vorgeschrieben, die ähnlich wie in Estland über den Personalausweis verbucht werden. Das nationale Gesundheitsarchiv „KanTa“ ermöglicht allen Bürgern den Zugriff auf die von ihnen gespeicherten Gesundheitsdaten.

In Dänemark erstellen seit 2010 alle Hausärzte vollumfängliche elektronische Patientenakten. Alle Labor-Testergebnisse aus Krankenhäusern und 99 Prozent der Überweisungen werden papierlos übermittelt. Zehnich: „Auch wenn die Strukturen der Länder nicht pauschal auf das deutsche Gesundheitswesen übertragbar sind, zeigen die Beispiele doch, wie die Digitalisierung wichtige Abläufe vereinfachen kann.“

Im Portal „Sundhed.dk“ können sich die Dänen mit ihrer individuellen Bürgernummer und einer digitalen Signatur einloggen und haben damit Zugriff auf all ihre gespeicherten Gesundheitsdaten. Über das Portal werden auch Termine mit dem Hausarzt vereinbart oder Rezepte erneuert. Zudem stehen umfassende Gesundheitsinformationen zur Verfügung.

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