Vier Jahre Friedemann Schmidt: Wo steht die ABDA? Lothar Klein, 15.10.2016 09:22 Uhr
Mit dem Ende des Deutschen Apothekertages 2016 (DAT) in München neigt sich die erste Amtszeit von Friedemann Schmidt als ABDA-Präsident dem Ende zu. Er hat die Führung der Apotheker 2012 in schwieriger Zeit übernommen. Er hat Vieles versprochen und Einiges erreicht. Schmidt hat nach innen Akzente gesetzt, nach außen über die Berufsöffentlichkeit hinaus weniger gewirkt. Seine Kritiker vermissen Strahlkraft und Durchsetzungsfähigkeit. Eine Bilanz von Lothar Klein.
Es war ein Apothekertag des Übergangs. Nicht nur Schmidts Amtszeit geht zu Ende. Die Gesundheitspolitik der Großen Koalition befindet sich auf der Zielgeraden. Das hat dem Apothekertag politische Statements weitgehend erspart. Rechtzeitig hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die versprochene Honorarerhöhung für Rezeptur-BtM-Gebühren auf dem Silbertablett serviert und dazu sogar noch ein Sahnehäubchen oben drauf gepackt: das Verbot von Zyto-Ausschreibungen.
Das kann sich auch Schmidt in seiner Bilanz gutschreiben. Das Verhältnis zur Politik ist wieder gekittet. Wer will da noch meckern und machtvolle Resolutionen verabschieden? Der Apothekertag konnte sich also zurücklegen und entspannen. Auch die wirtschaftliche Lage der meisten Apotheken kann sich sehen lassen.
Mit seinem philosophischen Lagebericht hat Schmidt zwar weder die Herzen der Delegierten noch die alltäglichen Sorgen der Apotheker in ihren Offizinen erreicht. Er hat an die Adresse seiner Kritiker seine Sicht der Apothekerwelt dargelegt. Wer ihn für eine weitere Amtszeit als ABDA-Präsident wählen will, muss damit zufrieden sein.
Die Politik hat den Apothekern und Schmidt vier ruhige Jahre verschafft. Es gab keine Sparrunden und regulatorischen Eingriffe. Was hat die ABDA daraus gemacht? Sie hat sich mit dem Strategiepapier auf den Weg in die Zukunft gemacht, so etwas wie ein Grundsatzprogramm gegeben. Der Heilberuf und die Patienten stehen im Mittelpunkt. Das ist Schmidts Ansatz. Apotheker sind keine Schubladenzieher, sie sind Arzneimittelexperten. Den Imagewandel hat Schmidt konsequent nicht nur mit dem Pilotprojekt ARMIN vorangetrieben. Das ist die positive Seite.
Zugleich aber musste Schmidt mit der Assistentenrolle der Apotheker ausgerechnet beim neuen Medikationsplan eine folgenschwere Niederlage einstecken. Wer das Medikationsmanagement zur Zukunftsaufgabe Nummer eins erklärt und dann die von den Ärzten erstellten Listen nur ausdrucken und ergänzen darf, hat klar das Klassenziel verfehlt. Ob die Apotheker beim elektronischen Medikationsplan eine zweite Chance auf Augenhöhe mit den Ärzten erhalten, steht in den Sternen.
Mehr noch: Während die ABDA über das Strategiepapier 2030 diskutierte, hat sich die Welt schneller gedreht, als das Manuskript dazu geschrieben werden konnte. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens überrollt nicht nur die Apothekerwelt. Darauf mit dem Aufbau einer IT-Abteilung und eines Intranets zu reagieren, ist richtig und gleichzeitig nicht genug. Apps mit allen möglichen Gesundheitsfunktionen überfluten den Markt. Noch bevor der elektronische Medikationsplan auf der eGK einsatzbereit sein wird, werden private Angebote die Patienten locken – um die Apotheker herum.
Die Geschäftsmodelle dazu liegen in den Schubladen bereit – für Diabetiker und Patienten mit Polymedikation. Andere werden folgen. Warum mischt die ABDA auf ihrem ureigenen Dienstleistungsfeld nicht intensiver mit?
Statt mit den Krankenkassen und dem Gesetzgeber um die Möglichkeiten für Dienstleistungsverträge zu rangeln, könnte sie eigene Angebote kreieren. Das Zeug dazu hätte sie. Sonst drohen wichtige Betätigungs- und Geschäftsfelder für die Apotheker wegzubrechen. Ihren ABDATA-Schatz zu verwalten und zu vermarkten, bringt der ABDA zwar sichere Einnahmen. Möglicherweise verspielt sie aber ihre Zukunft.
Friedemann Schmidt ist Friedemann Schmidt. Er ist ein guter Redner, er kann eloquent diskutieren, die Anliegen der Apotheker überzeugend erklären und für sie werben. Mehr davon wäre besser – besser noch in einer breiteren Öffentlichkeit. So wie er beim DAT überzeugen kann, so könnte er über den Saal hinaus Sympathiepunkte für seinen Berufsstand gewinnen. Es drängt ihn aber nicht oder nicht mehr ins Rampenlicht.
Nicht nur der von Schmidt betonten Geschlossenheit der Apotheker würde es gut tun, den ABDA-Präsidenten gelegentlich zu Arzneimittelthemen auf TV-Bildschirmen mitdiskutieren zu sehen. Gelegenheit dazu war reichlich vorhanden. Aber zu den entscheidenden Themen wurden die Apotheker nicht geladen, weil sie sich übersehen ließen.
Das kann eine teure Imagekampagne nicht ersetzen, aber deren Wirkung vervielfachen. In einer von Medien geprägten politischen Stimmungslandschaft ist für vornehme Zurückhaltung kein Platz. Wer seinen Anliegen Gehör verschaffen will, muss nicht laut, aber präsent sein.
Es liegen also noch einige unerledigte Aufgaben für eine zweite Amtszeit von Friedemann Schmidt auf dem Tisch. Der amtierende ABDA-Präsident hat das Zeug für eine zweite Amtszeit. Er sollte mutiger und offensiver sein als bisher – in der Sache und in der öffentlichen Präsentation.