Wie schon in den Vorjahren kommt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wieder zur Eröffnung des Deutschen Apothekertages (DAT) 2017 – dieses Jahr nach Düsseldorf. Er trifft auf eine Apothekerschaft in einer anderen Welt. Kurz nach dem letzten DAT im München katapultierte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Apotheker in einen Existenzkampf. Zehn Tage vor der Bundestagswahl richtet die ABDA daher ihre Hoffnungen und Erwartungen gespannt auf die nächste Bundesregierung und die Chancen für die Durchsetzung eines Rx-Versandverbotes. Trotzdem versprechen die DAT-Tagesordnung und die vorliegenden Anträge viel Routine.
Neben den Begrüßungsreden und dem politischen Lagebericht von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt liegt den Delegierten trotz der turbulenten vergangenen Monate zum zweiten Mal in Folge ein relativ dünnes Antragsbuch vor. 46 Anträge stehen zu vier Schwerpunkten zur Diskussion: Sicherung der Versorgung, Apothekenhonorar, Pharmazeutische Kompetenz und Digitalisierung.
Auch im vergangenen Jahr fiel das Antragsbuch mit 45 Anträgen auf 101 Seiten relativ dünn aus. Vor zwei Jahren mussten sich die Delegierten in Düsseldorf noch durch 68 Anträge und 148 Seiten wühlen. Dieses Jahr reichen 107 Seiten aus. Mit von der Partie ist aber wieder die Apothekerkammer Nordrhein mit zwei Anträgen. Im Vorjahr hatte sie aus Verärgerung über die ABDA auf eigene Anträge verzichtet: In einem Antrag fordert die Kammer jetzt eine Stärkung der nationalen Souveränität in der Gesundheitspolitik gegenüber der EU. Kammerpräsident Lutz Engelen plädiert in einem zweiten Antrag für die Stärkung der ABDA-Repräsentanz in Brüssel – ebenfalls als Antwort auf das EuGH-Urteil und dessen politische Konsequenzen.
Die ABDA begibt sich mit vier Leitanträgen in die Diskussion: Leitantrag L 1 fordert ein Verbot des Rx-Versandhandel sowie das Festhalten am einheitlichen Apothekenabgabepreis. Um diesen Antrag gruppieren sich drei weitere Anträge mit weitgehend identischer Stoßrichtung.
Thematisiert werden von der ABDA im zweiten Leitantrag die immer wieder aufgetretenen Lieferengpässe bei Arzneimitteln. Auch sollten die Rabattverträge „sinnvoll“ begrenzt werden, fordert die ABDA. Im Themenkomplex Lieferengpässe finden sich des weiteren Anträge zur Parenteralversorgung, zur Versorgung mit Schmerzpunmpen, die Forderung nach praxistauglichen Packungsgrößen für Parenteralia sowie zur Antibiotikaforschung in Deutschland. Unter dem Stichwort „Sicherstellung der Versorgung“ stehen auch zwei Anträge zur Förderung des pharmazeutischen Nachwuchses zur Diskussion.
Unter dem Kapitel „Pharmazeutische Kompetenz“ gibt es Anträge zum Medikationsplan, zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS), zur Steigerung der Impfquote und zur Prävention.
Im Leitantrag Nummer drei beschäftigt sich die ABDA unter der Überschrift „Rahmenbedingungen der Berufsausübung“ mit der EU: Die ABDA fordert darin wie die Apothekerkammer Nordrhein eine Stärkung der gesundheitspolitischen Zuständigkeit der EU-Mitgliedsstaaten. Arzneimittel seien wesentlicher Bestandteil des Gesundheitswesens und damit Sache der Nationalstaaten, lautet ein weiterer Antrag. Die EU solle die Freien Berufe zur Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge nutzen, fordert ein dritter Antrag zu diesem Thema. In diesem Kapitel geht es zudem um die Nutzung von medizinischen Daten zur Versorgungsforschung und um die Speicherung von Gesundheitsdaten in den Apotheken.
Eine rechtssichere Verankerung von honorierten Dienstleistungen fordert die ABDA im letzten Leitantrag. Abzuwarten bleibt, ob sich daraus eine ausführliche Honorardebatte mit Blick auf die für Ende September angekündigte Vorlage des Honorargutachtens vom 2hm im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums entwickelt. Außerdem hatte sich zuletzt verschiedene Politiker für die Zeit nach der Bundestagswahl für eine Reform des Apothekenhonorars ausgesprochen. Unter Leitung von DAV-Chef Fritz Becker arbeitet die ABDA an eigenen Modellen.
Letztes Schwerpunktthema ist die Digitalisierung. Dazu legt die ABDA aber keinen Leitantrag vor. Auf dem DAT 2016 in München hatten die Delegierten beschlossen, dass die ABDA keine eigenen Angebote für Gesundheits-, Arzneimittel- oder Apotheken-Apps entwickeln soll. Zum Thema Digitalisierung liegen zehn Anträge vor. Darin geht um die Digitalisierung als Instrument zur Aufrechterhaltung der flächendeckenden Versorgung, die Entwicklung einer ABDA-Datenbank-App und um die elektronische Gesundheitskarte eGK. Die elektronische Patientenakte steht ebenfalls auf der Diskussionsliste wie das digitale Patientenfach. Ein Antrag beschäftigt sich mit einer App zur Verfügbarkeitsabfrage von Arzneimitteln im Notdienst. Thema ist auch die digitale Kommunikation zwischen Apotheker und Arzt.
Nicht auf der Themenliste des Antragsbuches stehen die leidigen Retaxationen. Auch die zwischen DAV und Kassen geführten Verhandlungen über die neue Hilfstaxe in der Zytoversorgung finden sich nicht explizit auf der Tagesordnung. Anders als im Vorjahr gibt es auch keine Anträge zur Öffentlichkeitsarbeit, zur Transparenz und zur Einbindung der Mitgliedsorganisationen in die ABDA-Arbeit.
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