DAT 2015

Der Apothekertag im Überblick

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Berlin -

Rund neun Stunden lang diskutierten die 403 Delegierten in Düsseldorf insgesamt 55 Anträge. Am Ende des Deutschen Apothekertages (DAT) waren 31 Anträge beschlossen, elf in den Ausschuss verwiesen, fünf von den Antragstellern zurückgezogen, vier abgelehnt und vier nicht weiter behandelt worden. Die ABDA muss sich nun unter anderem erneut mit der Mitgliedschaft im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), einem Verbot des Rx-Versands und Maßstäben für eine sichere Versorgung befassen. Ein Überblick.

Honorar
Einstimmig angenommen wurden die Honorarforderungen des Geschäftsführenden ABDA-Vorstandes und verschiedener Mitgliedsorganisationen. Darüber hinaus gehende Ideen wie eine Anpassung der Vergütung an die Inflationsrate, die Erhöhung der BtM-Gebühr auf 2,91 Euro oder die Weiterentwicklung der Vergütung für Rezepturarzneimittel wurden allesamt in den Ausschuss verwiesen. Angenommen wurde ein Adhoc-Antrag, der den Geschäftsführenden ABDA-Vorstand auffordert, gemeinsam mit den Mitgliedsorganisationen einen Katalog möglicher Protestmaßnahmen zu erstellen.

Retaxationen
Mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde der Vorschlag des Berliner Apothekervereins (BAV), dass Gesetzgeber und Krankenkassen sicherstellen sollen, dass sich Ärzte beim Ausstellen von Rezepten an die Vorgaben halten sollen. Andernfalls sollten die Kassen auf Retaxationen verzichten, heißt es im ebenfalls beschlossenen Antrag aus Bremen.

Angenommen wurden auch die Anträge der Berliner Apothekerin Dr. Kerstin Kemmritz und Kollegen, Formfehler nachträglich heilbar zu machen und nach Rücksprache mit dem Arzt Ergänzungen und Änderungen auf dem Rezept vornehmen zu dürfen. Die Gültigkeitsdauer von Rezepten mit einer verkürzten Gültigkeit – also etwa BtM- und T-Rezepte – soll auf sieben Tage nach Ausstellung der Verordnung vereinheitlicht werden.

Medikationsmanagement
Ohne Gegenstimmen haben die Apotheker beschlossen, den Gesetzgeber aufzufordern, sie im geplanten E-Health-Gesetz bei der Erstellung von Medikationsplänen zu berücksichtigen. Außerdem sprachen sie sich für eine vorherige Medikationsanalyse aus, für die sie angemessen vergütet werden wollen. Die Ärzteschaft wurde aufgefordert, das Thema Arzneimitteltherapiesicherheit als gemeinsame Aufgabe von Medizinern und Apothekern zu begreifen.

Die Frage, ob die Apotheker für das Medikationsmanagement Einsicht in die Diagnosedaten erhalten sollen, wurde in den Ausschuss verwiesen. Die Delegierten waren sich zwar weitgehend einig, dass die Daten sinnvoll oder sogar nötig seien. Einige fürchteten aber, bei Fehlern in Haftung genommen zu werden oder die Ärzte vor den Kopf zu stoßen. Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), warnte, dass eine solche Forderung von der Ärzteschaft als „offene Kriegserklärung“ verstanden würde.

Prävention
Der GKV-Spitzenverband soll aufgefordert werden, seinen Präventionsleitfaden anzupassen und die Apotheker nicht mehr pauschal auszuschließen. Und der Gesetzgeber soll die Apotheker beim Thema Impfen stärker einbinden, etwa über entgeltliche Impfpass-Checks in Apotheken.

Ausbildung
Angenommen wurde ein Antrag der Apothekerkammer Berlin und der Standesorganisationen aus Sachsen, Studienplätze für Pharmazie zu sichern und zu erhöhen. Die Delegierten sprachen sich für die Beibehaltung des Staatsexamens und gegen die Einführung eines Bachelors aus. Zudem wurde beschlossen, den Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) zu fördern, und gefordert, an jedem Fachbereich eine eigenständige Professur für Klinische Pharmazie einzurichten. Außerdem sollen die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die PTA-Ausbildung verbessert werden. Die in einem Adhoc-Antrag formulierte Absicht, dazu das Berufsgesetz für PTA zu ändern, wurde hingegen nicht angenommen.

Weiterbildung
Abgelehnt wurde ein Antrag von Dr. Ursula Barthlen und Kollegen, eine Weiterbildung in „Geriatrischer Pharmazie“ zur Voraussetzung von Heimversorgung zu machen. Dr. Rainer Bienfait, Vorsitzender des BAV, befürchtete, dass gerade dadurch kleine Apotheken aus dem Markt gedrängt würden. Nicht abgestimmt wurde über die Frage, ob Fachapothekern ein höheres Tarifgehalt zustehen soll.

Aut-idem-Liste
Abgelehnt wurde mangels Aussicht auf Erfolg ein Adhoc-Antrag aus Sachsen, der Apothekern auch bei Wirkstoffen der Substitutionsausschlussliste die Freiheit geben sollte, bei pharmazeutische Bedenken oder Nichtlieferfähigkeit ein anderes Präparat abzugeben, Originale gegen Importe auszutauschen und bei einer Wirkstoffverordnung das Arzneimittel wählen zu können. Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), erklärte, dass alles habe man gehabt. Dann sei man in allen Gremien zu der Aut-idem-Liste gezwungen worden. Diese Vorgaben wegzubekommen, werde nicht ganz einfach.

Versorgungssicherheit
Lange diskutiert und letztlich angenommen wurde der Antrag des Hessischen Apothekerverbands (HAV), Maßstäbe für Mindestanforderungen an eine flächendeckende pharmazeutische Versorgung zu definieren. Verbandschef Dr. Detlef Weidemann forderte, selbst Parameter zu definieren und nicht zu warten, bis die Politik dies tue. Berend Groeneveld, Verbandschef aus Niedersachsen, warnte vor länderspezifischen Vorgaben, die dann von der Politik auf andere Länder übertragen werden könnten. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt forderte von den Mitgliedsorganisationen Hilfe bei dieser Aufgabe: Man sei zwar nicht blank, die Datenlage sei aber nicht gut.

Der Antrag des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), die Arzneimittel- und Versorgungssicherheit durch die Abschaffung des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu erhöhen, fand Zustimmung bei den Delegierten. Der Vorschlag von Kammerpräsident Lutz Engelen, eine Temperaturkontrolle für die Versender einzuführen, wurde hingegen mit 176 zu 128 Stimmen abgelehnt.

Lieferengpässe
Der Vorschlag der Landesapothekerkammer Hessen, Hersteller gesetzlich zu verpflichten, Lieferengpässe zu melden, wurde in den Ausschuss verwiesen. Bienfait warnte, dass die „Quartalsirren aus den Retaxstellen“ den Apothekern die Listen vorhalten würden. Da Hersteller oder einzelne Großhändler fast immer noch irgendwo eine Packung hätten, würde auf den Listen nicht viel stehen, obwohl die Probleme die gleichen wären – nur ohne die einfache Möglichkeit, eine PZN aufzudrucken. Dieses Retax-Risiko müssen bedacht werden.

Hilfsmittel
Beim Thema Hilfsmittel herrschte große Einigkeit: Die Delegierten forderten, das Krankenkassen Hilfsmittel wieder vollumfänglich als Sachleistung anbieten sollen, und sprachen sich für ein Verbot von Ausschreibungsverträgen aus. Angenommen wurde auch ein Antrag der Landesapothekerkammer Brandenburg, die Erstattungszeiträume für Hilfsmittel auf einen Monat zu vereinheitlichen.

Die Präqualifizierungsvorgaben sollen überarbeitet werden. Apotheker sollen allein aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation für die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln automatisch als geeignet gelten. Bestehende Präqualifizierungen sollen bei der Übergabe einer Apotheke an einen neuen Inhaber erhalten bleiben, solange die notwendigen Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind.

On-Pack-Promotions
Um gegen die Trivialisierung von OTC-Arzneimitteln vorzugehen, wurde der Gesetzgeber aufgefordert, Cash-Back-Gutscheine und On-Pack-Promotions zu verbieten. Becker wertete den Antrag aber als klares Zeichen gegenüber der Industrie und der Politik. Berlins Kammerpräsident Dr. Christian Belgardt argumentierte, der Werbedruck sei groß und manche Apotheker schwach – denen müsse man helfen.

Transparenz bei der ABDA
Die wohl knappste Entscheidung gab es bei dem Antrag des HAV, alle DAT-Anträge in einer Datenbank mit ihrem Bearbeitungsstand darzustellen. ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz erklärte, die Mitgliedsorganisationen würden auf dem Laufenden gehalten – es sei ihre Aufgabe, ihre Mitglieder zu informieren. Schmidt wies auf das grundsätzliche Verhältnis zwischen der ABDA und den Mitgliedsorganisationen hin: Gebe es bei der Arbeitsteilung Änderungen, müsse eine Anpassung bei der Ressourcenverteilung folgen. Der Antrag wurde mit 152 zu 149 Stimmen abgelehnt.

Der Antrag des HAV, eine Erfolgskontrolle bei Gesetzesänderungen einzuführen, wurde nach der Debatte zurückgezogen. Ausschlaggebend war womöglich das Argument des Geschäftsführers der Landesapothekerkammer Hessen, Ulrich Laut: „Wollen Sie wirklich alle fünf Jahre das Fremd- und Mehrbesitzverbot auf den Prüfstand stellen?“ Der Antrag des HAV, die rechtlichen Bedingungen für Wiederholungsrezepte aus Apotheken zu schaffen, wurde bereits vor dem DAT zurückgezogen.

Der Vorschlag der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK), Antibiotika europaweit der Verschreibungspflicht zu unterstellen und somit der Entwicklung von Resistenzen vorzubeugen, wurde in den Ausschuss verwiesen. Die zwei Anträge zu Cannabis für medizinische Zwecke wurden angenommen.Mit dem Vorschlag, einen pharmazeutischen Beirat zum Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu gründen, muss sich nun ein Ausschuss befassen. Einstimmig angenommen wurde der Vorschlag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands, eine sicheres IT-Netz der Apotheken aufzubauen, über das sensible Daten ausgetauscht werden können. Ebenfalls angenommen wurde – wie im Vorjahr – die Forderung nach Abschaffung der Importquote.

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