Video-Interview Johannes Singhammer

„Der Markt wird die Rabatte regeln“ Alexander Müller, 21.09.2010 09:29 Uhr

Berlin - 



Für ihre Gesundheitspolitik wird die schwarz-gelbe Bundesregierung derzeit scharf attackiert. Johannes Singhammer, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Bereich Gesundheit, weist den Vorwurf der Klientelpolitik zurück. Gegenüber APOTHEKE ADHOC erklärt der CSU-Politiker, warum die PKV von der Reform profitieren darf, wie sich die Umstellung der Großhandelsvergütung auswirken wird und was die Apotheken von der Union zu erwarten haben.



ADHOC: Wodurch zeichnet sich schwarz-gelbe Gesundheitspolitik aus?

SINGHAMMER: Dadurch, dass wir nachhaltige und langfristige Gesundheitspolitik machen - und zwar bei jedem einzelnen Gesetz. Nehmen Sie das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG): Wir haben nicht nur sehr drastische Sparmaßnahmen beschlossen, die den Patienten zu Gute kommen, sondern mit dem Zusatznutzen auch ein vollkommen neues Verfahren für neue Arzneimittel vorgesehen: Nur wenn ein zusätzlicher Nutzen über bestehende Arzneimittel hinaus besteht, kann auch der entsprechende Preis verlangt werden. Das ist etwas Neues, und die Wirkung geht weit über eine Legislatur oder über ein Jahr Regierung hinaus.



ADHOC: Was sagen Sie zum Vorwurf der Klientelpolitik?

SINGHAMMER: Blödsinn. Eigentlich erübrigt es sich, darauf einzugehen. Denn das Beispiel, das immer wieder erwähnt wird, dass eine Regierungsverordnung für die Umsetzung dieses neuen Verfahrens zur Nutzenbewertung geplant ist, das ist alles andere als der Beleg für eine Klientelpolitik.



 



ADHOC: Warum kümmert sich Schwarz-Gelb um die PKV?

SINGHAMMER: Ich denke, dass es einfach notwendig ist, Einiges wieder zu reparieren im Verhältnis der beiden Versicherungsarten. Dass die Wechselfrist auf drei Jahre heraufgesetzt auf wurde, hat die Balance zwischen beiden Versicherungszweigen aus dem Gleichgewicht gebracht. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag frühzeitig festgelegt, dass wir zu der ursprünglichen Regelung zurückkehren wollen. Das war eine Jahrzehnte lang bestehende Regelung. Was die Frage der Arzneimittel betrifft: Ich finde es logisch, die Möglichkeiten und Einsparmaßnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen auch für die private zu ermöglichen. Es verstehen immer weniger Menschen, warum jemand, der bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist, für eine Pillenpackung fünf Euro bezahlen soll und ein Privatversicherter für die gleiche Pillenpackung zehn Euro.



ADHOC: Was können die Apotheken von der Union erwarten?

SINGHAMMER: Ich glaube, dass sich die Apotheker auf die Unionsfraktion - auf jeden Fall - und auf diese Koalition verlassen können. Während es Bestrebungen gibt, einen europaweit tätigen Versandhandel einzuführen, der die jetzige Struktur der Apotheken in eine schwere Unordnung bringen würde, stehen wir klar und fest zu dieser Struktur der Apotheken, zu der ortsnahen Versorgung, zur fachkundigen Beratung. Das tun andere Fraktionen im deutschen Bundestag nicht.



ADHOC: Kommt das Pick-up-Verbot noch?

SINGHAMMER: Wir haben von Anfang an klar gesagt, dass wir diese Pick-Up-Stellen nicht wollen, dass wir sie verbieten wollen. Die Sache ist deshalb noch nicht in gesetzlich trockenen Tüchern, weil es verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Die tragen aber nicht wir vor. Ich glaube, wir haben unsere Versprechungen erfüllt. Die Apothekerinnen und Apotheker wissen, sie können sich auf diese Bundestagsfraktion - gerade die Union - verlassen. Wir stehen an ihrer Seite, während andere den Apothekerstand in der bisherigen Form nicht haben wollen.



ADHOC: Wie wollen Sie bei Apotheken sparen?

SINGHAMMER: Wir wollen einen gemeinsamen Sparbeitrag von etwa 400 Millionen Euro erreichen. Ich glaube, dass das auch in Ordnung ist. Wir müssen alle sparen. Alle beteiligten Partner im Gesundheitswesen müssen einen Beitrag leisten. Es ist aus meiner Sicht nicht unvernünftig, dass über die Großhandelsrabatte ein Mix gefunden wird. Hier eine klare, auf die Kommastelle genaue Unterscheidung zu machen, ist schwierig. Die entsprechenden Verträge sind nicht öffentlich, aber wir glauben, dass mit diesem Verfahren eine Marktlösung gefunden wird.