Plakate und Lärm in Berlin

Der letzte Kittel: Der Anfang ist gemacht

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Berlin -

Über dem Tor des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hängen sie jetzt, die „letzten Kittel“ aus Arztpraxen und Apotheken. Zuvor hatten knapp 50 Heilberuflerinnen und Heilberufler mit Transparenten und Tröten gemeinsam auf die verfehlte Gesundheitspolitik aufmerksam gemacht.

Dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Protestkittel persönlich in Empfang nehmen würde, war nicht zu erwarten. Auch andere Vertreter der Ministeriumsspitze oder der Fachabteilungen sind für solche Aktionen tendenziell nicht zu haben. Dass aber gar niemand im BMG über die Delegation Bescheid wusste, obwohl die ihr Kommen angemeldet hatte, war irgendwie typisch. Am Ende rief der überforderte Sicherheitsmann an der Pforte einen Mitarbeiter der Gebäudeverwaltung hinzu, der nach einigem Hin und Her den Vertreterinnen und Vertretern der Heilberufe erlaubte, ihre Kittel an den Zaun zu hängen.

Rund 50 Heilberuflerinnen und Heilberufler hatten ab 14 Uhr im Rahmen ihrem Ärger über die ihrer Ansicht nach verfehlte Gesundheitspolitik lauthals Luft gemacht; wobei die Apothekerinnen und Apotheker dank des Engagements des Vereins Freie Apothekerschaft (FA) neben Ärzten, Zahnärzten und Physiotherapeuten besonders stark vertreten waren.

Wichtigstes Thema war das unrühmliche Verhalten der Kassen, Stichwort Regress und Retax. Nach kurzen Ansprachen der Vorsitzenden der jeweiligen Berufsverbände gab Apothekerin Doreen Wegner noch die „Hymne“ der Protestbewegung zum Besten: ihre umgedichtete Version von Herbert Grönemeyers Hit „Was soll das?“

Ärzte und Apotheker gemeinsam

Auch wenn sich bei der kleinen Kundgebung und der am Vormittag abgehaltenen Pressekonferenz das Interesse der großen Medien in Grenzen hielt, war die Aktion ein Erfolg. Zum wohl ersten Mal in der Geschichte haben laut den Veranstaltern die verschiedenen Heilberufe eine gemeinsame Aktion auf die Beine gestellt. Und jenseits ihrer unterschiedlichen politischen Forderungen wollen sie vor allem eins erreichen: sich nicht mehr auseinander dividieren lassen.

Auch wenn solche Initiativen von der Basis gerne belächelt werden, weil sie mitunter etwas unbeholfen wirken und in der Vergangenheit auch nicht selten irgendwann versandet sind – einen Grund, die Nase zu rümpfen, gibt es nicht. Mit eigenen Mitteln, viel Authentitizität („wir Apotheken-Mutties“), nur wenig Geld, aber viel Rückhalt von der Basis haben die freien Vereine schon einmal ihre Botschaft gesetzt. Und in Kürze sollen weitere Aktionen folgen. Respekt dafür.

Gerade die zuletzt selbst heillos überforderte sogenannte verfasste Apothekerschaft tät gut daran, einen zweiten Resonanzboden zuzulassen. Denn es sind beileibe nicht nur die Nörgler oder die Schwachen, die mit den Zuständen unzufrieden sind. „Wir sind die Kampfstiefel, mit denen die Schlipsträger nichts zu tun haben wollen“, brachte es Ilka Enger, Vorsitzende der IG Med, auf den Punkt. Man werde aber beobachtet – und es gebe auch schon erste Annäherungen.

Von Abda oder Kammern und Verbänden schaute aber niemand vorbei. Laut der FA-Vorsitzenden Daniela Hänel finden die „offiziellen“ Standesvertreter die Protestinitiative unangebracht und undiplomatisch und warten lieber auf eine „Aktion, bei der die Welt den Atem anhält“. Auf die angekündigte unüberhörbaren Maßnahmen darf man gespannt sein.

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