Der Prozess um die Datenaffäre des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) dümpelt seinem Ende entgegen. Im März stehen die Plädoyers an. Am heutigen 36. Verhandlungstag am Landgericht Berlin erklärte der Vorsitzende Richter die Verfahrensverzögerungen.
Das BMG hatte am 11. September 2012 Anzeige erstattet. Im Ministerium gab es den Verdacht, dass Daten gezielt geklaut werden. Gegen den ehemaligen IT-Mitarbeiter Christoph H. wurde das Verfahren eröffnet, ebenso gegen Thomas Bellartz, seinerzeit ABDA-Sprecher, der die Informationen von H. gekauft haben soll.
Im November 2012 hatte es hierzu Durchsuchungen gegeben – wobei bei Bellartz kein einziges Dokument gefunden wurde, das er nicht hätte besitzen dürfen. Noch bevor der leitende Ermittler seinen Abschlussbericht endgültig fertig gestellt hatte, wurde am 12. Dezember 2013 Anklage erhoben. Noch im Zuge der Vernehmung des Ermittlers als Zeuge im Prozess waren im vergangenen Jahr neue Dokumente aufgetaucht, was der Vorsitzende Richter in der heutigen Sitzung erneut beklagte.
Er schilderte außerdem, wie es immer wieder zu Verzögerungen gekommen sei. Die Kammer hatte einen Antrag auf Entlastung gestellt, es sollten keine neuen Haftsachen mehr übernommen werden, die stets schneller bearbeitet werden müssen. Die Darstellung von Anfragen, Nachfragen und ergangenen Beschlüssen war bewusst kleinteilig: „Das soll zeigen, dass die Kammer mit Freigabe viel befasst war“, so der Richter. Erst im August 2017 wurde das Verfahren terminiert, erster Verhandlungstag war am 4. Januar 2018.
Bellartz‘ Anwalt Professor Dr. Carsten Wegner monierte, das für dieses Verfahren eigentlich andere Strafkammer zuständig sei, nämlich die auf Wirtschaftssachen spezialisierte 26. Strafkammer, in deren Zuständig auch der Datenschutz fällt. „Herr Bellartz steht vor dem falschen Richter“, so Wegner. Man verbringe nun 36 Verhandlungstage vor einer Kammer, die für die Sache gar nicht zuständig sei. Auch das habe zu weiteren Verzögerungen geführt.
Verzögerungen gab es heute auch im Laufe der Verhandlung, bei der es inhaltlich nur um einen anderen Tatvorwurf geht, der ausschließlich H. zur Last gelegt wird. Das Gericht zeigte sich nämlich zunächst außer Stande, eine zip-Datei zu öffnen, um bestimmte Dokumente in Augenschein zu nehmen. Ein weiterer Höhepunkt in diesem an Kuriositäten nicht armen Verfahren: Die Richter fragten den Angeklagten H. um Hilfe. Doch schließlich ging es auch ohne den IT-Spezialisten.
Das Ende des Prozesses ist jetzt in Sicht. Am 5. März wird noch einmal verhandelt, bei den folgenden Terminen sollen die Parteien plädieren: Die Staatsanwaltschaft am 13. März, die Verteidigung am 27. März. Die Urteilsverkündung könnte dann auf den 5. April fallen – das wären 2379 Tage nach der Anzeige des BMG.
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