AOK-Rabattverträge

Der Fall Metoprolol-Succinat-Beta APOTHEKE ADHOC, 04.04.2019 09:32 Uhr

Berlin - 

Ein über viele Jahre andauernder Streit ist nun abgeschlossen. Der „Phantom-Rabattvertrag“ der AOK über Metoprolol-Succinat Betapharm aus dem Jahr 2011 über Ware, die es noch gar nicht gab. Apotheker hatten dennoch die Verordnungen entsprechend dem Rabattvertrag bedruckt und abgerechnet, doch dann fiel das Ganze auf. Ein Rückblick.

Am 1. Juni 2011 war die sechste Tranche der AOK-Rabattverträge gestartet. Den Zuschlag für Metoprolol-Succinat hatte Betapharm im Mai erhalten, konnte jedoch zum Start keine Ware liefern. Denn der Zeitraum zwischen Abschluss des Rabattvertrages und Start war zu kurz um den Markt mit Ware zu versorgen. Der Engpass hielt bis in den September an, dennoch bedruckten die Apotheken die Verordnungen vertragskonform und rechneten den Rabattpartner der AOK ab, obwohl entsprechend der Aut-idem-Regelung ein anderes Arzneimittel abgegeben wurde.

Doch die Falschabrechnungen fielen auf: Obwohl keine Ware im Markt war, erhielt Betapharm Rechnungen über den Herstellerrabatt. Rund 30.000 Fälle aus etwa 1200 Apotheken sollen es allein im Juni aus Angst vor Reataxationen gewesen sein. Dabei hatten sich die Ortskrankenkassen und der Deutsche Apothekerverein auf eine Friedenspflicht bis August 2011 geeignet, in der die Apotheken keinen Regress zu befürchten haben sollten. Für die abgerechnete Geisterware drohte die AOK den Apotheken mit dem Staatsanwalt und hohen Bußgeldern und sprach von Betrug, dabei hatten sich die Apotheken nicht bereichert, sondern die Patienten versorgt. Doch im Großen und Ganzen beruhigte sich der Fall nach einem halben Jahr wieder. Hartnäckig blieb nur die AOK Baden-Württemberg, die in 80 Fällen ermittelte. Ein Drittel der Fälle wurde jedoch wegen geringer Schuld wieder eingestellt.

Aktiv werden wollte die AOK nur gegen zehn Apotheker. Diese hatten in 37 bis 53 Fällen falsch bedruckt und abgerechnet. Vertragsstrafen zwischen 7800 und 11.000 Euro waren angesetzt. Eine Apotheke, die 120 Rezepte falsch bedruckt hatte, sollte sogar mit 24.400 Euro Strafe zur Kasse gebeten werden.

Unter anderem knöpfte sich die AOK Baden-Württemberg eine Apothekerin vor, die insgesamt 44 Verordnungen nicht korrekt bedruckt hatte. Sie argumentierte im Verfahren, die alte Computersoftware habe die Rezepte mit der falschen PZN bedruckt, bevor die Verfügbarkeit überprüft werden konnte. Anschließend sei es versäumt worden, die PZN manuell zu ändern. Wegen des vermeintlichen Verstoßes gegen den Arzneimittelversorgungsvertrag wurde eine Strafe von 9200 Euro gefordert. Die AOK reduzierte allerdings den Betrag später auf 6560 Euro, weil kein Vorsatz vorliege und bisher keine Vertragsstrafe oder Verwarnung notwendig gewesen sei.

Das Sozialgericht Mannheim (SG) fand die Klage unzulässig und die Strafe unverhältnismäßig, auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) urteilte zugunsten der Apothekerin. Vor dem Bundessozialgericht (BSG) war jedoch die Kasse erfolgreich, die Klage wurde zugelassen und der Fall zurückverwiesen. Ob die Vertragsstrafe verhältnismäßig beziehungsweise mit dem Übermaßverbot in Einklang zu bringen sei, müsse das LSG entscheiden. Die Vertragsstrafe wurde hie auf 1000 Euro gestutzt, die AOK muss zudem die Hälfte der Prozesskosten tragen.