Der Europäische Gerichtshof APOTHEKE ADHOC, 24.03.2015 11:09 Uhr
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bildet als rechtssprechendes Organ die Judikative der EU und entscheidet über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts. Dem EuGH mit Sitz in Luxemburg gehören 27 Richter und acht Generalanwälte an. Die Juristen werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen auf sechs Jahre ernannt; eine Wiederernennung ist zulässig.
Der Präsident des Gerichtshofes wird von den Richtern selbst für die Dauer von drei Jahren gewählt, auch hierbei ist eine Wiederwahl erlaubt. Der Präsident leitet die rechtsprechende Tätigkeit und die Verwaltung des Gerichtshofes. Die Generalanwälte erstellen in den Verfahren unabhängige Rechtsgutachten, die so genannten Schlussanträge. Einem Generalanwalt können nur Rechtssachen zugewiesen werden, die nicht sein Herkunftsland betreffen.
Der EuGH ist zuständig für Klagen der Kommission wie Vertragsverletzungsverfahren sowie für Vorabentscheidungsverfahren und Klagen anderer Organe oder Mitgliedstaaten. Entscheidungen des Gerichtes binden zwar grundsätzlich nur das anfragende Gericht, dessen Urteil wiederum theoretisch nur für den entschiedenen Einzelfall gilt. Faktisch legt der EuGH aber für alle Mitgliedstaaten verbindlich das Gemeinschaftsrecht aus.
Verfahren vor dem EuGH durchlaufen vier Stufen: Der schriftlichen Anhörung, in der die betroffenen Parteien sowie die Mitgliedstaaten Stellungnahmen abgeben können, folgt bei Klärungsbedarf eine mündliche Verhandlung. Die Stellungnahme des Generalanwalts dient der Urteilsfindung durch die Richter. Der Gerichtshof kann als Plenum, als Große Kammer mit dreizehn Richtern oder als Kammer mit drei oder mit fünf Richtern tagen.
Im vergangenen Jahr sind beim EuGH 622 neue Fälle eingegangen (minus 11 Prozent), 719 Verfahren wurden abgeschlossen (plus 3 Prozent). 787 Verfahren waren zum Jahreswechsel noch anhängig. Bei Vorlageverfahren konnte die Dauer von 16,3 auf 15 Monate verkürzt werden. Vertragsverletzungsverfahren dauern im Durchschnitt 20 Monate, Rechtsmittel 14,5 Monate.
Bereits mehrfach hat sich der EuGH zum Arzneimittel- und Apothekenrecht geäußert. Für deutsche Pharmazeuten am bedeutendsten war die Entscheidung zum Fremd- und Mehrbesitzverbot: Am 9. Mai 2009 erklärten die Richter das Fremdbesitzverbot für vereinbar mit dem EU-Recht. Zuvor war Generalanwalt Yves Bot in seinen Schlussanträgen am 16. Dezember zu demselben Ergebnis gekommen.
Auch der Bedarfplanung für Apotheken ist stehen Niederlassungs- und Berufsfreiheit nicht entgegen, solange sie fair und transparent ausgestaltet ist. Zuletzt hatte sich Luxemburg mit der Apothekenpflicht für nicht erstattungsfähige Rx-Arzneimittel in Italien beschäftigt. Auch hier sahen die Richter zwar eine Beschränkung, sie aber gerechtfertigt sei: Denn durch die Vorgaben sei es möglich, „eine sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen“.