Der ABDA-Präsident und die Apotheke 4.0 Lothar Klein, 10.01.2019 11:31 Uhr
Es kommt nicht häufig vor, dass die ABDA und ihr Präsident Friedemann Schmidt die Schlagzeilen von Deutschlands Traditionszeitung FAZ bestimmen. Heute ist es mal wieder so weit. Anlass ist der 17. Januar, an dem Kammern und Verbände über den Plan B von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) abstimmen. Die FAZ hat sich deshalb auf Spurensuche begeben – in Schmidts Seume-Apotheke in Leipzig und beim Gegenspieler DocMorrris im niederländischen Heerlen. Neues gefunden hat die FAZ nicht. Es ist eine Geschichte ohne Bilanz oder Tendenz.
„Apotheke 4.0“ titelt die FAZ auf Seite 1. Traditionsbewusste Apotheker orientierten sich lieber am über Jahrhunderte tradierten Bild des sorgfältigen Heilkundlers als an Amazon, heißt es dort. Mit dem Rx-Versandhandel sei „der Geist aus der Flasche“, aber Gesundheitsminister Spahn verweigere sich dem Versuch, ihn wieder einzufangen. Auf Seite 3 widmet FAZ-Autor Kim Jörg Becker die politische Hauptstory des Tages dem Thema.
Gewöhnlich berichtet für die FAZ der Berliner Wirtschaftskorrespondent Andreas Mihm sachkundig über Apothekenthemen. Jetzt ist Kollege Becker am Zuge und hat Friedemann Schmidt am 7. Dezember – noch vor Spahns Auftritt in der ABDA-Mitgliederversammlung – in Leipzig besucht, und auch Schmidts Gegenspieler Max Müller in der Heerlener DocMorris-Zentrale.
Becker beschreibt die alten Holzregale in Schmidts Seume-Apotheke, in der es keine modernen Flachbildschirme oder einen Kommissionierer gibt, der Arzneimittel auf Kopfdruck ausspuckt – alles riecht hier nach Tradition. Allerdings: Mit einer Kreditkarte könne man beim ABDA-Präsidenten immerhin bezahlen: „Wenn es sein muss, geht auch er mit der Zeit“, zeichnet der Autor sein Bild. Ob er nichts Programmatisches von Schmidt entlocken konnte oder wollte, ist nicht bekannt: Aber im Text finden sich keine Zitate des ABDA-Präsidenten zur aktuellen Lage im Konflikt um Spahns Plan B.
Nur soviel: Die Apotheken vor Ort könnten niemals mit den Versendern konkurrieren, weil sie sich Rabatte gar nicht leisten könnten. „Bei einem jährlichen Ertrag einer typischen Apotheke von 80.000 Euro wäre bei einem Rabatt von nur zwei Euro je Packung die Hälfte des Gewinns dahin, wird Schmidt zitiert. Ein solcher Wettbewerb sei „komplett unrealistisch“, daher müsse man mit der Politik über ein Verbot sprechen oder eben über andere Vergütungsformen. „Schmidt will sich in diesen Tagen öffentlich auf keine Seite schlagen, dafür ist der Streit in seinem Verband viel zu erbittert“, schreibt Becker.
Schade eigentlich: Denn gerne hätte man erfahren, wie viel Schmidt in Spahns Plan B steckt, wie der ABDA-Präsident seine Rolle im ungewöhnlichen Prozess zur Abkehr vom Rx-Versandverbot sieht und vielleicht auch, wie viel Geld die ABDA mit ihrer erfolglosen Karabiner-Kampagne und der Unterschriftenaktion in den letzten beiden Jahren verbrannt hat. Darauf gibt es keine Antworten von Schmidt – weder in der FAZ noch anderenorts. Bekannt ist nur, dass sich Schmidt und Spahn seit dem ersten Treffen Ende April intensiv ausgetauscht haben – mehrfach persönlich getroffen, E-Mails und SMS ausgetauscht haben. Wie überrascht also war der ABDA-Präsident von Spahns 375 Millionen Euro Kompensations-Angebot?
Diese und andere Fragen klärt der FAZ-Autor nicht. Stattdessen schildert er die Bestellabwicklung bei DocMorris in Heerlen, streift den Deutschen Apothekertag in München und endete mit dem Ärger und Zorn der Apotheker über Spahns Plan B, die Friedemann Schmidt „Verrat“ am eigenen Berufsstand vorwerfen.