Normalerweise stellen sich bei politischen Podiumsdiskussion die Vertreter der Regierungsfraktion hinter ihre Minister, rechtfertigen und verteidigen das Handeln der Regierung. Nicht so die gesundheitspolitischen Sprecherinnen von CDU/CSU und SPD, Maria Michalk und Hilde Mattheis, beim 53. DAV-Wirtschaftsforum. Dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) das Apothekenhonorar mit dem Forschungsprojekt zur Chefsache gemacht hat, gefällt beiden Gesundheitspolitikerinnen ebenso wenig wie ihre Ausgrenzung beim Pharmadialog. Deshalb haben sie zur Feder gegriffen und ein eigenes Positionspapier formuliert, das wiederum bei den Apothekern für Empörung gesorgt hat. Was aus dem Honorardeckel wird und ob und um wie viel die Rezepturgebühren steigen, ließen beide offen. Die Zuhörer blieben ratlos zurück.
„Ich hätte von der Zuständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums für das Apothekenhonorar abgeraten“, distanzierte sich Mattheis vom Projekt Apothekenhonorar des BMWi. Sie sei gespannt, was dabei herauskomme. Sie hoffe wenigstens auf die Bereitschaft des Ministeriums „mit uns darüber in einen Dialog zu treten“. Auch Michalk machte keinen Hehl aus ihrer Kritik am Honorarprojekt: „Zuständigkeiten sind Zuständigkeiten, auch wenn uns das nicht gefällt.“ Sie hätte das Gutachten nicht an das BMWi Vergeben, weil es in der „Gesundheit so viele komplexe Sachverhalte“ gebe. Dass das Ergebnis des Forschungsvorhabens erst im Herbst 2017 vorliegen soll, finde die CDU-Gesundheitspolitikerin ebenfalls „nicht ideal“.
Auch bei Pharmadialog sei man als Parlamentarier von der Regierungskoalition nicht einbezogen worden, beklagte Michalk. Aber die Gesundheitspolitiker seien „eigenständig und selbstbewusst genug“, um ein eigenes Positionspapier zu diesen Fragen zu formulieren: „Was bedeutet der Pharmadialog für uns? Welche Punkte halten wir für wichtig?“ Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) arbeite an einem Regierungsentwurf zum Pharmadialog, „wir Gesundheitspolitiker haben ein eigenes Positionspapier geschrieben“. Diese sei aber noch nicht mit den Fraktionskollegen abgestimmt.
Mit Blick auf den darin enthaltenen Honorardeckel blieben Michalk wie Mattheis vage: „Es muss erlaubt sein, darüber zu diskutieren“, rechtfertigte Michalk den Vorstoß. Schließlich gebe es immer mehr hochpreisige Arzneimittel, „von denen die Apotheker exorbitant profitieren“, so die CDU-Politikerin. „Das schauen wir uns genau an.“
Den Vorschlag des Honorardeckels müsse man im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt des BMWi sehen, ergänzte Mattheis. Unklar blieb, ob die SPD-Politikerin mit einer Regelung warten will, bis die Ergebnisse vorliegen. „Diese Diskussion muss erlaubt sein“, so Mattheis. Keine Antwort gab Mattheis auf die Frage nach der Höhe des Honorardeckels.
Das Positionspapier sei eine „ehrliche Bestandsaufnahme und ein Angebot für eine umfassende Diskussion“, ergänzte Michalk. Man könne jetzt noch nicht sagen, „ob der Vorschlag des Honorardeckels im anstehenden Arzneimittelgesetz so aufgenommen werde, ob er modifiziert wird oder ob er fallen gelassen wird.“ Das müsse noch analysiert werden.
Aber aufrechnen mit der anstehenden Erhöhung der Gebühren für Rezeptur und BtM-Abgabe wollen Michalk und Mattheis den Honorardeckel nicht. „Es darf nicht weniger werden, das ist die Grenze: Für mich heißt das, es wird mehr“, sagte Michalk. Auch Mattheis bestätigte beim Thema Rezeptur, „dass wir an dieser Stelle etwas machen.“ Was und wie viel, blieb ebenfalls offen.
Irritiert zeigte sich Oppositionspolitikerin Kordula Schulz-Asche von den Grünen angesichts der politischen Angebotsvielfalt im Regierungslager: „Mir sind die Machtverhältnisse zwischen Regierung und Koalitionsfraktionen nicht klar.“ Man dürfe gespannt sein, wer sich am Ende durchsetze.
DAV-Chef Fritz Becker wiederholte in seinen Diskussionsbeiträgen, dass die Apotheken für die Sicherung der flächendeckenden Versorgung eine gesunde wirtschaftliche Basis benötigten. „Wir haben Kostensteigerungen. Die Politik muss das Honorar regelmäßig anpassen.“ 2013 habe es kleine Erhöhungen gegeben, zuvor sei neun Jahre „nichts geschehen, für die Apotheken gab es gar nichts“.
Mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der Apotheken und insbesondere der Debatte über Landapotheken sieht es Michalk als „wirtschaftspolitisch normale Erscheinung“, dass die Umsätze von Apotheken große Differenzen aufweisen. Es sei nicht die Aufgabe des Staates, für einen Ausgleich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu sorgen. Das sei Sache des unternehmerischen Handels der Apotheker. Deshalb werde man nicht an der Honorarschraube drehen: Die Bezahlung bleibe daher „für alle Apotheken gleich.“ Mattheis sagte, die Koalition lege großen Wert auf die Freiberuflichkeit der Apotheker. Dazu gehöre aber auch, dass sie nicht „alle Honorarprobleme löst“.
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