Die Apotheker wollen den Patienten einen Medikationsplan ausstellen und in der Apotheke Impfchecks durchführen. Doch in den maßgeblichen Gesetzgebungsverfahren werden sie bislang weitestgehend ausgeblendet. Bei der politischen Diskussionsrunde des DAV-Wirtschaftsforums warben sie bei Vertretern der Parteien dafür, stärker einbezogen zu werden. Der CDU-Gesundheitsexperte Michael Hennrich als einziger Vertreter einer Regierungsfraktion deutete auch an, wo es mehr Geld geben könnte – und wo nicht.
Im Entwurf zum E-Health-Gesetz ist ein Medikationsplan vorgesehen. Doch Fritz Becker, Chef des Deutschen Apothekerverbands (DAV), kann nicht verstehen, warum dieser nur vom Hausarzt erstellt werden soll: Die Daten müssten elektronisch vorliegen und die Apotheker müssten Zugriff auf die Daten haben – mit Zustimmung des Patienten natürlich.
Hennrich hätte damit kein Problem, aber eben nur unter der Prämisse, dass der Patient zugestimmt hat. „Der Patient soll entscheiden, wo das Medikationsmanagement angesiedelt ist, beim Arzt oder beim Apotheker.“ Hennrich konstatierte zudem eine bemerkenswerte Kehrtwende bei den Apothekern, die beim Gematik-Projekt immer eher gebremst hätten.
Kordula Schulz-Asche (Bündnis90/Die Grünen) sprach einen anderen Punkt an. „Grüne haben immer viele Bedenken in Richtung Datenschutz“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion. Sie glaube aber, dass das jetzt geplante Modell sicherer sei als das, was die Ärzte selber aufgebaut hätten. Schulz-Asche betonte, dass aus ihrer Sicht die pharmazeutische Kompetenz in der Apotheke größer als beim Arzt sei.
„Es wäre genauso falsch, wenn das Medikationsmangement nur in der Apotheke wäre“, versicherte Becker. „Die Fachärzte können wir auch nicht außen vor lassen. Aber wir interpretieren das Gesetz im Moment so, dass wir außen vor sind.“ Dabei spielten OTC-Arzneimittel beim Medikationsmanagement eine wichtige Rolle – und über diese Daten verfügten nur die Apotheken.
Auch Harald Weinberg (Die Linke) brachte den Datenschutz ins Spiel: „Wenn alle Zugriff haben, wo werden die Daten dann gespeichert?“, fragte er. Die Menschen überantworteten andererseits schon heute dem Internet freiwillig jede Menge Daten. Gerade im Gesundheitswesen müsse aber das informationelle Selbstbestimmungsrecht beachtet werden. Wenn die Datenmenge nicht zu groß sei, könnte der Patient diese etwa auf einem lokalen Speichermedium selbst dabei haben.
Becker kann zudem nicht verstehen, dass die Apotheker beim Innovationsfonds kein Antragsrecht haben. Schulz-Asche nannte es sogar einen Konstruktionsfehler. Das gelte für die Pflege ebenfalls. Hennrich sicherte zu, das im Gesetzgebungsverfahren noch einmal zu besprechen.
Diskutiert wurde auch über die Honorierung der Apotheker. Hennrich sagte, er sei „kein Freund davon, das Fixum zu erhöhen“. Er sieht Verbesserungspotenzial bei beratungsintensiven Bereichen. „Wir wollen die pharmazeutische Leistung besser vergüten, die Rezeptur, oder wenn es um die Beratung geht.“ Auch die Dokumentation bei der BtM-Abgabe sei ein Thema. „Wenn dann noch was übrig ist für das Fixum, dann ja“, so Hennrich.
Schulz-Asche dagegen sieht vor allem in der Pflege einen enormen Nachholbedarf. Politik solle nichts versprechen, was nicht gehalten werde. „Große Gehaltsentwicklung bei den Apothekern im System der GKV sehe ich nicht“, so Schulz-Asche. Für Apotheken müssten allerdings die existenzbedrohenden Fragen bei hochpreisigen Arzneimitteln rechtzeitig geklärt werden. „Da besteht dringender Handlungsbedarf im Bereich der Hochpreismedikamente.“ Diese Risiken müssten gelöst werden, und zwar bevor eine Apotheke sterbe.
Becker forderte erneut eine regelmäßige Überprüfung des Apothekenhonorars. „Es kann nicht sein, dass wir von jeder wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden.“ Das müsse im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) aufgenommen werden. Hennrich schloss nicht aus, dass hier noch etwas passiert.
Unabhängig davon werde die Regierung beim Pharmadialog verschiedene Dinge anpacken, die auch die Apotheker beträfen: Rabattverträge, Festbeträge und Lieferengpässe, so Hennrich. Auch Arzneimittelfälschungen seien in der Koalition ein Thema: „Die Reimportquote können wir von meiner Seite her abschaffen“, so der CDU-Politiker.
Einig waren sich die Politiker darin, dass das bisherige Vorgehen der Kassen bei Nullretaxationen abgestellt werden muss: „Ich kann diese ganze Nullretaxerei nicht nachvollziehen. Das muss geregelt und geändert werden“, sagte Schulz-Asche. Dies sei mit dem normalen Menschenverstand nicht nachvollziehbar. Weinberg stimmte voll zu.
Hennrich kannte einen Fall aus seinem Wahlkreis, bei dem ein Apotheker um 35.000 Euro retaxiert wurde. Der CDU-Politiker verwies auf die Pläne im GKV-VSG, wonach Kassen und Apotheker eine Lösung finden sollen. „Wir haben das geregelt, mit Schiedsstelle. Wir haben geliefert, was eingefordert wurde“, so Hennrich.
Im Präventionsgesetz sehen die Politiker dagegen wenig Platz für die Apotheker. Es richte sich eher an die Lebenswelten der Menschen. Schon die Einbindung der Ärzte sei grenzwertig. Becker und Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), erinnerten aber an die vielfältigen Aufgaben, die Apotheker in der Prävention übernehmen könnten, sei es beim Impfpasscheck oder der Diabetes-Früherkennung. Hennrich schloss nicht aus, dass solche Modelle doch noch aufgenommen werden könnten.
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