Arzneimittelsicherheit

AOK/DAV-Offensive gegen Importquote

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Berlin -

Die AOK Baden-Württemberg und der Deutsche Apothekerverband (DAV) fordern gemeinsam die Streichung der Importquote für Arzneimittel. „Die bestehende Vorgabe, mindestens fünf Prozent des Umsatzes mit Fertigarzneimitteln durch Importe zu bestreiten, ist längst nicht mehr zeitgemäß“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung.

Die Importquote bedeute enormen bürokratischen Aufwand und gefährde die Arzneimittelsicherheit für die Patienten, heißt es weiter. Zudem erzeuge sie in anderen Ländern Lieferengpässe für die heimische Bevölkerung. Die Einsparungen, die damit für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erzielt würden, fielen weit hinter die Volumina zurück, die mit anderen Instrumenten erreicht würden. Allein die Rabattverträge erlösen mit 3,6 Milliarden Euro (2015) fast das 30-fache dessen, was durch Quoten bei Importen erwirtschaftet werden konnte.

„Der Apotheker braucht mehr Spielraum, um sich bei Sicherheitserwägungen im Einzelfall gegen ein Importmedikament entscheiden zu können. Denn lange, grenzüberschreitende Lieferketten erhöhen das Risiko für das Einschleusen von gefälschten Medikamenten. Leider sind Chargenrückrufe von Importarzneimitteln längst keine Einzelfälle mehr“, sagt dazu DAV-Vorsitzender Fritz Becker. „In der Apothekenpraxis zeigt sich ohnehin, dass Generika oft preiswerter sind als Importarzneimittel. Und die Bürokratie, die Quote für jede einzelne Kasse zu erfüllen, frisst Zeit, die der Apotheker besser in die Patientenbetreuung investieren kann“, so Becker weiter.

Die geltende gesetzliche Regelung beurteilt auch die AOK Baden-Württemberg als längst nicht mehr zeitgemäß. Ihr Vorstandsvorsitzender Dr. Christopher Hermann plädiert für mehr Handlungsspielraum von Kassen und Apothekern: „Der Gesetzgeber sollte die Reimportquote durch sinnvollere Maßnahmen ersetzen und Krankenkassen und Apothekerverbänden die Möglichkeit eröffnen, selbst zu handeln.“

Die bisherige Situation sei wettbewerbswidriger Marktdirigismus pur, so Hermann: „Die Reimportquote ist reine Planwirtschaft und nützt vor allem den Reimporteuren selbst, reduziert aber Arzneimittelausgaben bei Krankenkassen nur minimal. Die Importquote hat sich lange überholt, wir haben heute sehr viel intelligentere Steuerungsinstrumente.“

Das Thema Importquote ist seit Jahren umstritten. Zuletzt hatte sich der Marketing Vereins Deutscher Apotheker (MVDA) für eine Erhöhung ausgesprochen. Die von führenden Gesundheitspolitikern der Regierungskoalition vorgeschlagene Änderung der Importquote führe zu Mehrkosten bei den Arzneimittelausgaben in Millionenhöhe. „Sowohl das Gesundheitssystem als auch die Apotheken stünden eindeutig als Verlierer da“, hieß es in einer MVDA-Stellungnahme. Die Kooperation kann sich eine höhere, aber modifizierte Importquote vorstellen.

Beim Pharmadialog enttäuscht wurden die Apotheker zwar in ihrer Hoffnung, die Importquote könne vielleicht abgeschafft werden. Dieses Thema war schnell wieder aus der Gesprächsrunde verschwunden.

Die Gesundheitspolitiker von Union und SPD wollen das Instrument aber schärfen: Künftig soll der Preisabstand zum Original immer mindestens 15 Prozent betragen, statt wie bisher alternativ 15 Euro. Der Grund: Der absolute Differenzbetrag fällt bei extrem hochpreisigen Arzneimitteln kaum ins Gewicht. So sieht es ein gemeinsames Arbeitspapier vor, das nun in den Fraktionen besprochen werden soll.

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