Kein Apothekertag ohne Honorarversprechen: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will sich laut Gesundheitsstaatssekretär Lutz Stroppe für eine auskömmliche Finanzierung für Apotheker einsetzen. Nicht nur beim Fixhonorar, sondern auch bei der Vergütung anderer Leistungen wie etwa Rezepturanfertigungen könnte es einen Nachschlag geben, versprach Stroppe. Er betonte aber auch, dass nicht alle Forderungen der Apothekerschaft erfüllt werden könnten. Bei der Eröffnung des Deutschen Apothekertags (DAT) diskutierte er mit mit der NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) und dem gesundheitspolitischen Sprecher der Linken, Harald Weinberg.
Stroppe erinnerte an das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG), dass in diesem Jahr intensiv im Ministerium diskutiert worden sei. Zwar habe es im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens keine Honorarerhöhung für die Apotheken gegeben – aber man habe konkrete Schritte mit dem Wirtschaftsministerium vereinbart, „um zu einem nachvollziehbaren Ergebnis zu kommen“.
Stroppe stimmte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zu, dass die sichere und gute Versorgung entscheidend mit der Freiberuflichkeit der Apotheker zusammenhänge. Er verstehe Selbstverwaltung ebenfalls als Vertrag zwischen Politik und Leistungserbringern; und dann müsse auch für eine auskömmliche Finanzierung gesorgt werden. Er versprach, sich dafür einzusetzen.
Um die Apothekervergütung anzupassen, sieht er die Möglichkeit, dass neben dem Notdienst weitere Apothekenleistungen wie Rezepturanfertigungen als Sonderleistungen honoriert werden. „Dazu gibt es bei uns Diskussionsbereitschaft“, versprach Stroppe. Die Forderung der Apothekerschaft, tatsächlich 120 Millionen Euro im Jahr für den Nacht- und Notdienstfonds zu erhalten, kann Stroppe nur bedingt nachvollziehen: Schließlich habe man sich auf den Betrag von 16 Cent geeinigt und die Gesamtsumme hänge von eben von der Zahl der abgegebenen Packungen ab.
Die Erstellung von Medikationsplänen sieht Stroppe nicht als eine Aufgabe der Apotheker. Dies sei natürlich eine Frage des Geldes, aber vor allem eine inhaltliche Entscheidung. Der Arzt bestimme nach einer eingehenden Diagnose die Indikation – und aus diesem Gesamtblick entstehe der Medikationsplan. Bei der Bearbeitung setzt Stroppe auf alle Heilberufe.
Aus Sicht von NRW Gesundheitsministerin Steffens sollte auf die Apotheker aber auch bei der Erstellung der Medikakationspläne nicht verzichtet werden. Patienten, die drei oder mehr Medikamente gleichzeitig einnähmen, würden zumeist auch auf OTC-Medikamente zurückgreifen. „Somit hat nur der Apotheker den kompletten Überblick über alle Medikamente und kann Patienten abseits der Behandlungssituation in der Arztpraxis beraten, in einer Atmosphäre, die für viele Patienten entspannter ist“, sagte Steffens.
Ihrer Meinung nach sollte die Entscheidung bei den Patienten liegen. Das sei in Nordrhein-Westfalen bislang möglich und sollte auch bundesweit eingeführt werden. Es sollte kein Entweder-oder geben, sondern ein Sowohl-als-auch. Der Plan müsse an der Stelle entstehen können, wo der Bedarf entsteht, also beispielsweise auch beim Einkauf in der Apotheke. Diese Chance dürfe man nicht vertun. Das Entweder-oder hält sie für falsch und im Wesentlichen in einem Gerangel um Geld und Kompetenzen begründet. „Das ist nicht im Sinn der Patienten.“
Die gesundheitliche Versorgung der alternden deutschen Gesellschaft bezeichnete Steffens als eine „riesige Herausforderung“: Der Anteil der über 65-Jährigen werde in Zukunft noch zunehmen, während die Anzahl der Beitragszahler trotz Zuwanderung weiter abnehmen werde. „Die finanziellen Ressourcen des Gesundheitswesen werden also weniger“, sagt sie. Steffens sieht das als Chance für die Apotheken, denen besonders in ländlichen Gebieten eine wesentliche Rolle zukommen könne.
Aus Steffens Sicht muss daher auch über Sicherstellungszuschläge für Apotheken in ländlichen Regionen gesprochen werden, um sie dort zu erhalten, wo sie gebraucht werden. Als Vorbild nannte sie die Zuschläge für Krankenhäuser auf dem Land. Denn wenn die Apotheke wegfalle, gebe es auch keine Notdienste und keine Beratung mehr. „Da spielt die Apotheke eine viel größere Rolle als früher, als der Hausarzt und das Krankenhaus noch um die Ecke waren.“
Auch in Sachen Prävention könnten die Apotheker aus Steffens Sicht neue Aufgaben übernehmen. Die demografische Herausforderung könne nur bewältigt werden, wenn man das Thema Prävention im Alter forciere. Dabei zählt Steffens auch auf die Apotheken in Stadtteilen und Quartieren.
Harald Weinberg (Die Linke) sieht die Apotheken als erste Anlaufstelle für Patienten – besonders in ländlichen Regionen. Sie sollten daher in die regionalen Gesundheitskonferenzen einbezogen werden. Auch in Sachen Medikationsplan setzt Weinberg auf die Apotheker: Er bedauert, dass das E-Health-Gesetz ihnen nur eine Nebenrolle zuweise. Das Pilotprojekt ARMIN in Sachsen und Thüringen bezeichnete Weinberg als eine „große Chance“ für die Apotheker, sich als Heilberufler in den Prozess einzubringen.
Weinberg sprach sich klar gegen eine Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbots aus: „Ich halte es für falsch, Apotheken dem Druck von Kapitalgesellschaften auszusetzen. Das Wohl der Patienten muss an erster Stelle stehen.“ Er rief die Apotheker dazu auf, ihre Aufgabe als Heilberufler gut zu erfüllen; das würde auch ihre Position gegenüber den Politikern stärken. In Sachen Honorar sprach sich Weinberg für eine Dynamisierung des Fixums aus und erklärte, dass seine Partei darüber nachdenke, auch den Botendienst so zu vergüten, dass auch bei einer Lieferung eine Beratung leistbar sei.
Retaxationen wegen offensichtlich und geringfügiger Fehler des Apothekers darf es aus Sicht der Linken nicht geben. Weinberg kritisierte, dass Krankenkassen politisch in einen „harten Konkurrenzkampf“ getrieben worden seien, statt dazu angehalten zu werden, gemeinsam eine gute Versorgung zu gestalten.
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