Protestapotheker

Zahme Zitronen

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Berlin -

Plakate vor dem Deutschen Apothekertag, mit Zitronen am Bundesrat, nackt hinter dem Apotheken-A: Protestaktionen gegen ABDA-Standesdünkel und politische Vernachlässigung gab es schon einige. Dieses Jahr ist zum DAT nichts Spektakuläres geplant. Die Protestierenden sind zahm geworden. Doch auch Ärger brodelt noch.

Die meiste Aufmerksamkeit gab es für die Nackten: Apothekerin Gabriela Aures aus Bayern war die erste, die sich aus Protest gegen die Honorarpläne der Regierung ausgezogen hatte. Viel zu sehen war nicht – doch viele Apotheker erinnern sich noch gut an Aures' Botschaft. Später zogen andere nach;auch ein Mann wagte sich vor die Kamera.

Inzwischen sieht Aures die Dinge gelassener. Beide Seiten, Protestierende und ABDA, hätten voneinander gelernt: „Wir werden nicht mehr so aufbrausend sein und uns nicht nur im Internet beschweren“, sagt sie. Bei der ABDA dagegen habe man gemerkt, dass nicht nur Kritik von unten komme, sondern auch konstruktive Vorschläge.

Doch auch Aures kritisiert immer noch den mangelnden Kontakt zu ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Sie hofft aber darauf, dass das in Zukunft anders werde. Aures wird als Nicht-Delegierte nach München fahren – aus Oberbayern hat sie allerdings auch eine kurze Anreise.

Aus Detmold kommt Gunnar Müller zum DAT. Er hat dieses Jahr ebenfalls „keine Randale“ geplant, sagt er. Er sei aufgeschlossen für Diskussionen und finde viele Anträge auch ganz gut. Die Basisapotheker seien in der Kammer Westfalen-Lippe angekommen und wollten nun konstruktiv mitarbeiten.

„Wir sind nicht die Mehrheit – höchstens die schweigende Mehrheit“, so Müller. In seinem Kammerbezirk Westfalen-Lippe war Gabriele Overwiening Anfang September als Präsidentin im Amt bestätigt worden. Zuvor hatte ihre Gemeinschaftsliste knapp 56 Prozent der Stimmen auf sich vereint und damit die absolute Mehrheit erzielt.

Kein Blatt vor den Mund nimmt weiterhin Ann-Katrin Kossendey. „Die wirtschaftliche Lage vieler Kollegen hat sich nicht verbessert“, sagt sie. Zahlreiche Arbeitsverhältnisse seien weiterhin prekär. Kossendey wurde unter Apothekern vor allem durch ihre Auftritte bei YouTube bekannt.Das Video „25 Cent“ von 2012 wurde bislang mehr als 35.000 Mal geklickt.

Verbesserungen für Apotheker sieht Kossendey bislang nicht: „Das Thema Null-Retax hängt wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen“, sagt sie. Apotheker stünden bei ihrer Arbeit praktisch mit einem Bein im Gefängnis und arbeiteten vollkommen auf eigenes Risiko. Helfen würde ihnen keiner, weder Krankenkassen noch Standesvertretung.

Auch bei der Arbeit der ABDA sieht Kossendey keine Verbesserungen. Zwar antworte Schmidt nun hin und wieder auf eine E-Mail – doch das sei viel zu wenig. „Es ist ja schön, Themen loswerden zu können, aber dieses Verhalten gleicht einer Ruhigstellung“, sagt sie.

Wegen der anhaltenden Kritik aus den eigenen Reihen hatte sich Schmidt Anfang 2013 mit 15 Apothekern in Berlin getroffen. Danach hatte er angekündigt, künftig die Nähe zur Basis zu pflegen. Das ist aus Kossendeys Sicht nicht geschehen.

Kaum sei der Nacht- und Notdienstfonds in trockenen Tüchern, konzentriere sich die ABDA auf Hausbau und neues Logo, moniert Kossendey. Auch die Frage des Medikationsmanagements bleibe ungelöst.

Bei diesem Thema gingen die Planungen der ABDA an der Praxis vorbei. Apothekern mangele es schlicht an Mitarbeitern für eine gründliche Umsetzung. Neue Leute einzustellen, sei zu teuer. Hinzu komme die Standortfrage. „Sie kriegen dafür gar kein Personal hier oben“, sagt Kossendey, die eine Apotheke im niedersächsischen Wiefelstede betreibt. Sie wird dieses Jahr aus beruflichen Gründen nicht nach München reisen.

Noch vor zwei Jahren sah die Sache ganz anders aus: Nachdem im März 2012 eine Gruppe protestierender Apotheker vom Bundesrat in die Jägerstraße gezogen war, hatte die ABDA im Vorfeld des DAT die Basis zu einer Dialogveranstaltung eingeladen. Damals wurde in München heftig diskutiert und protestiert. Diese Zeit scheint jetzt erstmal vorbei zu sein.

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