Celesio und Phoenix sind unmittelbar vom Brexit betroffen, denn beide Konzerne sind in Großbritannien als Großhändler und Kettenbetreiber aktiv. Nach der ersten Ernüchterung bemüht man sich in Mannheim und Stuttgart, vorerst zum Tagesgeschäft zurückzukehren.
„Als pan-europäisches Unternehmen bedauern wir das Ergebnis des Referendums“, heißt es von Phoenix. „Aber das Votum der britischen Wähler ist zu respektieren.“ Niemand könne heute genau sagen, welche wirtschaftlichen Folgen der Brexit langfristig haben werde. Zuerst stünden jetzt die Austrittsverhandlungen an, die das künftige Verhältnis zwischen Großbritannien und der EU regelten. „Wir halten die Auswirkungen des Brexit auf das Phoenix-Geschäftsmodell in Europa mit etablierten lokalen Marken im pharmazeutischen Groß- und Einzelhandel kurz- und mittelfristig für gering.“
Auch Celesio erklärte, man respektiere die Entscheidung der Wähler, die Mitgliedschaft ihres Landes in der EU aufzugeben. Was die Beziehung von Großbritannien zur EU angehe, müssten in der Zukunft die entsprechenden Entscheidungen getroffen werden. Der Konzern weist darauf hin, dass das Vereinigte Königreich zunächst zwei Jahre lang Mitgliedstaat bleiben wird. „Es wird daher keine unmittelbare Folgen für unsere britischen Tochterfirmen oder deren Kunden geben“, so ein Sprecher. „Jetzt, da diese wichtige politische Frage entschieden ist, wird Celesio für die Patienten in Großbritannien da sein, so wie in den anderen elf europäischen Ländern auch, in denen wir tätig sind.“
Beide Konzerne sind mit Großhandelsniederlassungen und Apothekenketten in Großbritannien präsent. Celesio erwirtschaftet knapp ein Drittel des Konzernumsatzes von 21,4 Milliarden Euro im Königreich, Phoenix rund 7 Prozent von 23,2 Milliarden Euro.
Auch der Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck hat sich negativ zum Brexit-Votum geäußert. „Wir bedauern, dass die Mehrheit der Briten die Entscheidung zum Austritt Großbritanniens aus der EU getroffen hat, die ja auch den Verlust des Zugangs zum freien Binnenmarkt der EU bedeutet“, hieß es. Gravierender als die wirtschaftlichen seien die politischen Konsequenzen des Austritts. „Insgesamt hat Europa sicherlich eher Interesse an einer Stärkung der politischen Zusammenarbeit und am freien Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen.“
Ein Verkauf von Geschäftsteilen in Großbritannien sei kurzfristig nicht geplant, für langfristige Aussagen sei es zu früh. „Was man sagen kann ist, dass ein Verbleib in der EU es langfristig sicher für alle einfacher gemacht hätte.“ Merck beschäftigt in Großbritannien gut 1400 Mitarbeiter.
Mehr als 50 Prozent der britischen Wähler hatten gestern für den Austritt des Landes aus der EU gestimmt, die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 70 Prozent. Premierminister David Cameron hat seinen Rücktritt angekündigt, in Schottland und Nordirland regt sich Widerstand. Der Brexit-Schock hatte am Morgen den Aktienmarkt auf Talfahrt geschickt. Anteilsscheine aus der deutschen Konsumgüter- und Pharmabranche waren nur geringfügig getroffen. Entsprechend der Devise, dass Dinge des täglichen Bedarfs sowie Lebensmittel oder auch Medikamente auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten genötigt werden, gaben solche als defensiv bezeichneten Aktien im Vergleich zum Gesamtmarkt weit unterdurchschnittlich nach oder legten sogar zu.
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