Als „entkernt“ bezeichneten Kritiker im April den damaligen Entwurf zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG). Besonders die Krankenkassen ärgerten sich über die vielen Streichungen von ursprünglichen Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die offenbar dem Einspruch aus dem Finanzministerium geschuldet waren. Doch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte schon damals an, dass er die strittigen Punkte im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wieder unterbringen werde. Und tatsächlich hat der Bundesrat jetzt beschlossen, einige der Pläne wieder einzubringen – darunter auch die umstrittenen Gesundheitskioske und Gesundheitsregionen.
„In Regionen und Stadtteilen mit einem hohen Anteil an sozial benachteiligten Personen und in strukturell benachteiligten Regionen können niedrigschwellige Beratungsangebote für Behandlung und Prävention etabliert werden. Diese sogenannten Gesundheitskioske werden von Kommunen und der GKV unter Beteiligung der privaten Krankenversicherung errichtet“, heißt es in der Stellungnahme der Länder. Das Initiativrecht dabei soll bei den Kommunen liegen.
Die Gesundheitskioske sollen eine niedrigschwellige Anlaufstelle für die allgemeine Beratung bei medizinischen und gesundheitlichen Fragen sein, Angebote zur Prävention und Gesundheitsförderung machen und Aufgaben zur Patientensteuerung und Vermittlung zu anderen Beratungs- und Versorgungsstellen leisten. Auch „ambulante telemedizinische Leistungen“ sollen eine Rolle spielen.
Finanziert werden sollen die Kioske zu 50 Prozent von den Landesverbänden der Krankenkassen, zu 44,5 Prozent von den beteiligten Kreisen und kreisfreien Städten und zu 5,5 Prozent von den privaten Krankenversicherungen. Ziel sei es, die Gesundheitskioske in der Regel an bereits bestehende „Gesundheitsangebote“ anzubinden, heißt es in der Stellungnahme der Länder. Das soll die Etablierung erleichtern und zusätzliche Kosten sparen. Die Notwendigkeit, alle Gesundheitskioske zu überprüfen und zu bewerten, bestehe nicht.
Erst im Juni hatte die CDU-Fraktion im Bundestag einen Antrag eingebracht, in dem sie sich explizit gegen Gesundheitskioske aussprach: Die Bundesregierung wurde darin aufgefordert, „Doppelstrukturen in der Versorgung zu vermeiden und die bislang von der Bundesregierung geplanten Doppelstrukturen an sog. Gesundheitskiosken auch tatsächlich aufzugeben“, heißt es im Antrag. Zudem hatten sich einzelne Gesundheitsminister der Länder der CDU in der Vergangenheit klar gegen Gesundheitskioske positioniert.
Auch die sogenannten Gesundheitsregionen waren im letzten Entwurf zum GVSG nicht mehr zu finden. Die Länder wollen diese ebenfalls wieder etabliert wissen: „Bei den Gesundheitsregionen handelt es sich um einen wirkungsvollen und innovativen Ansatz, die kommunale Gesundheitsversorgung nachhaltig zu stärken“, heißt es in der Stellungnahme. Mithilfe der Bildung solcher Gesundheitsregionen könne es auch gelingen, regionale Defizite der Gesundheitsförderung und Prävention zu beheben und die Zusammenarbeit innerhalb der regionalen Versorgungsstrukturen zu verbessern. „Dies gilt insbesondere für strukturschwache Gebiete und dort, wo bisherige Regelungen keine Lösung ermöglichen“, argumentieren die Länder.
Die Landesverbände der Krankenkassen sollen zukünftig zusammen mit Städten, Kreisen und anderen Gesundheitsanbietern in einer Region Verträge abschließen können. Damit sollen die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gesundheitsdiensten verbessert, der Zugang zur regionalen Gesundheitsversorgung erleichtert und eine gute und effiziente regionale Gesundheitsversorgung sichergestellt werden.
„Im Gesundheitsregionenvertrag wird eine alternative Organisation der Regelversorgung ohne Einschreibepflicht der Versicherten und mit Beibehaltung der freien Arzt- und Leistungserbringerwahl ermöglicht. Über solche Verträge können aber regionale Aspekte stärker betont und Kommunen auf Grund ihrer Verantwortung für die Daseinsvorsorge besser eingebunden werden“, argumentieren die Länder.
„Die hausärztliche Versorgung steht vor besonderen Herausforderungen. Zum einen wird es insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen zunehmend schwieriger, Hausärztinnen und Hausärzte für eine Niederlassung zu gewinnen“, so die Länder. Um dem entgegenzuwirken, sollen in strukturschwachen Regionen sogenannte Primärversorgungszentren etabliert werden. Eine vernetzte und kooperative Zusammenarbeit sowie die Unterstützung und Entlastung der ärztlichen Tätigkeit durch nicht-ärztliche Fachkräfte sollen die Attraktivität einer Niederlassung in Regionen mit Versorgungsproblemen erhöhen.
In Primärversorgungszentren soll die medizinische Grundversorgung der Patienten durch zusätzliche berufsgruppen- und sektorenübergreifende Versorgungselemente gekennzeichnet sein. Je nach regionalem Bedarf sollen neben hausärztlicher auch pädiatrische, gynäkologische oder psychotherapeutische und weitere medizinische Grundversorgung angeboten werden.
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