Daniel Bahr, das Apothekenhonorar und die Friedemann-Schmidt-Partei Patrick Hollstein, 18.07.2012 22:52 Uhr
Eigentlich hätte es ein Heimspiel werden sollen: Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zu Besuch beim „Gesundheitsforum“ der FDP-Fraktion des Sächsischen Landtags. Doch vor allem Apotheker, Ärzte und Zahnärzte waren nach Chemnitz gekommen, um mit dem Minister zu diskutieren – über ihre eigentlichen Wünsche an die Gesundheitspolitik von Schwarz-Gelb und über ihre enttäuschten Erwartungen. Und so war die Stimmung zeitweise gereizter, als man es unter Parteifreunden erwartet hätte.
Als Moderator der Veranstaltung machte Friedemann Schmidt, ABDA-Vize und Präsident der Sächsischen Apothekerkammer, von Anfang an klar, dass es ihm und den Besuchern um mehr ging als um warme Worte. Wie weit er damit gekommen sei, das Image der FDP als Partei der Ärzte und Apotheker auszumerzen, war dann auch gleich die erste Frage.
Ein gutes Stück weit, konterte Bahr, der Konfrontationen nicht aus dem Weg geht, allzumal mit Vertretern der Apotheker, auch wenn sie Leiter einer Gesprächsrunde sind: Die FDP könne keinen Erfolg haben, wenn sie als Partei einer bestimmten Berufsgruppe wahrgenommen werde. Laut Bahr geht es in der Gesundheitspolitik nämlich gerade darum, Politik für Patienten und für Leistungserbringer unter einen Hut zu bekommen: „Das muss kein Gegensatz sein.“
Die FDP habe ihre Zielgruppe aus dem Auge verloren, beharrte Schmidt, der wiederum sich nicht davor scheut, über seine Positionen auch mit hochrangigen Politikern zu streiten. Bahr wies das zurück: Seine Vorvorgängerin Ulla Schmidt (SPD) habe Politik gegen die Freiberufler gemacht. Seine Bilanz dagegen könne sich sehen lassen.
Als Beispiel bei den Apothekern nannte Bahr die Ausweitung der Arzneimittelpreisverordnung auf ausländische Versandapotheken, vielmehr fiel ihm – anders als bei den anderen Berufsgruppen – nicht ein. Dass er mit Pick-up nicht weiter gekommen sei, sei bedauerlich; er könne aber nun einmal nicht im Alleingang weiterkommen: „Alle Regeln, die die ABDA vorgeschlagen hat, die wir vorgeschlagen haben, wurden von Justiz- und Innenministerium abgelehnt. Da stoße ich an meine Grenzen.“
Immerhin: Er sei „sehr zuversichtlich“, dass der Fixzuschlag von 8,10 Euro nun zum ersten Mal seit 2004 angehoben werde. „Ich will das angehen, der Zuschlag muss angepasst werden.“ Laut Bahr können sich die Apotheker auf eine „Wegentscheidung“ freuen: Denn die Anpassung könne in den Folgejahren fortgeschrieben werden.
Allerdings sei nicht nur die Kosten-, sondern auch die Einnahmenseite zu betrachten. Und die Statistiken zeigten nicht, dass das durchschnittliche Einkommen der Apotheker „nur nach unten gegangen“ sei. Die Apotheker hätten auch Rationalisierungen vorgenommen und profitierten beispielsweise vom 3-prozentigen Aufschlag und vom OTC-Geschäft.
Nichtsdestotrotz: Eine Anhebung wird nach Ansicht von Bahr kommen, auch wenn die Federführung beim Bundeswirtschaftsministerium liege. „Wir sind in guten Gesprächen. Wir sehen uns die Zahlen an, und es wird bald eine Entscheidung geben.“ Sein Interesse sei eine reibungslose Umstellung im Zuge der Anpassung der Festbeträge: „Ich will nicht, dass die Patienten wegen der Apotheker Aufzahlungen leisten müssen. Wir müssen das solide machen.“
Zwischendurch wurde Bahr auch das eine oder andere Mal lauter: Man könne als Apotheker sehr wohl gutes Geld verdienen; Juristen wie seine Frau und Volkswirte wie er etwa seien vom Grundlohn her deutlich schlechter gestellt. Ohnehin gebe es Themen, die den Apothekern wichtiger sein müssten, wie das Fremd- und Mehrbesitzverbot: „Wer kämpft denn dafür“, fragte Bahr mit Blick auf die unterschiedlichen Haltungen von FDP und Opposition.
Was das aktuelle Sonderopfer der Apotheker angeht, verteidigte Bahr die Anhebung des Kassenabschlags: „2,05 Euro sind immer noch weniger als 2,30 Euro. Allerdings hätte ich den Abschlag am liebsten gar nicht angefasst. Die Apotheker waren es doch, die lieber eine Anhebung des Abschlags als einen Eingriff in die Verhandlungen mit dem Großhandel wollten.“ Aus diesem Grund habe er sich auch über die Raubbau-Kampagne geärgert, da ja das Abschöpfen der Einkaufsrabatte gerade nicht die Land-, sondern große Apotheken getroffen hätte. „Das war schon sehr unsachlich.“
Dass die Apothekenbetriebsordnung für neuen Aufwand in den Apotheken sorgt, ist laut Bahr alleine der ABDA zu verdanken: „Die ganze Verschärfung kam von den Apothekern selbst und nicht von mir. Ich wollte entschlacken, die Apotheker wollten Qualitätsanforderungen, also haben wir eine Verordnung im Interesse der Apotheker gemacht.“
Von der Forderung, die Ausgangsbasis für die anstehenden Verhandlungen mit den Kassen festzuschreiben, hält Bahr nichts: Denn trotz der negativen Erfahrungen der Apotheker mit den Klagen gegen die Schiedssprüche, über die er sich auch ärgere, glaube er an das System der Selbstverwaltung. „Es kann aber doch nicht sein, dass die Partner verhandeln und der Gesetzgeber dann trotzdem eingreifen muss.“ Die Anmerkung, dass die gesetzlichen Vorgaben halt schlecht gemacht seien, konnte sich Schmidt nur mit Mühe verkneifen.
Und so wechselte er lieber das Thema und ließ die Vertreter der anderen Berufsgruppen ihre (Honorar)fragen loswerden. Am Ende wurde es wieder versöhnlich – ausgerechnet bei der Frage nach Argumenten, warum die Heilberufler die FDP wieder wählen sollten. Derer nannte Bahr viele, aber er machte auch klar, dass es keine Partei geben werde, mit der man alles teilen könne: „Wenn sie die Friedemann-Schmidt-Partei gründen würden und ihre Frau als Mitglied aufnehmen wollten oder müssten, dann müssten sie auch schon Kompromisse machen.“