DAK will PrEP zahlen APOTHEKE ADHOC, 30.11.2018 11:46 Uhr
Die DAK-Gesundheit will künftig die Kosten für die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (PrEP) übernehmen. Dabei handelt es sich um eine medikamentöse HIV-Prophylaxe, die eine Infektion verhindern kann. Im Zentrum stehen Arzneistoffe, die als HIV-Medikamente lange erprobt sind, aber auch vorbeugend eingesetzt werden können. Der Verwaltungsrat der Krankenkasse will eine neue Satzungsleistung für die PrEP beschließen. Die Deutsche AIDS-Hilfe begrüßt den ersten Vorstoß einer großen gesetzlichen Krankenkasse in dieser Richtung. Die DAK-Gesundheit übernehme damit eine wichtige Vorreiterrolle in der HIV-Prävention.
„Allen Aufklärungskampagnen zum Trotz wird die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland nicht wesentlich kleiner. Deshalb müssen wir neue Schutzmethoden fördern", sagte DAK-Chef Andreas Storm. In Deutschland haben sich 2017 etwa 2700 Menschen mit HIV infiziert, die Zahl der Neuinfektionen ist damit gegenüber 2016 (2900 Neuinfektionen) nur leicht gesunken. Das Virus befällt und zerstört vor allem die Zellen des menschlichen Immunsystems. Das geschwächte Immunsystem ist dann nicht mehr in der Lage, auf andere Infektionen zu reagieren. Die PrEP kann bei regelmäßiger Einnahme der verordneten Medikamente das Ansteckungsrisiko fast vollständig ausschalten.
Eine Zulassung hält die Wirkstoffkombination Tenofovir/Emtricitabin. Seit 2016 ist die Fixkombination aus FTC/TDF in der Dosierung 200/245 mg als Dauermedikation zugelassen. Für die anlassbezogene PrEP besteht keine Zulassung. Das Patent des Originalpräparats Truvada (Gilead) lief am 25. Juli 2017 ab. Die Wirkstoffe gehören zur Gruppe der Nukleosidischen-Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) und bewirken einen DNA-Kettenabbruch. Das Arzneimittel wird im Rahmen der PrEP einmal täglich eingenommen. Indiziert ist das Präparat in Kombination mit Safer-Sex bei Erwachsenen mit einem hohen HIV-Risiko, um die Gefahr einer Virusinfektion zu minimieren. 2015 belegten die Studien Ipergay und Proud bei schwulen Männern eine Senkung des HIV-Übertragungsrisikos von etwa 86 Prozent. Seit Oktober 2016 ist die PrEP für Selbstzahler zugelassen. Das Terminservice- und Versorgungsgesetze soll dies bald ändern: Voraussichtlich Mitte 2019 soll die PrEP Kassenleistung werden.
„Der Einzelne wird vor einer HIV-Infektion bewahrt und unsere Versichertengemeinschaft vor den damit verbundenen Folgekosten", so der DAK-Verwaltungsratsvorsitzende Dieter Schröder. Pro Jahr koste die medikamentöse HIV-Prophylaxe 800 Euro, eine HIV-Therapie hingegen meist im Schnitt 20.000 Euro. Dass die PrEP bezahlbar ist, ist auch dem Kölner Apotheker Erik Tenberken zu verdanken. Vor etwa einem Jahr ist das Pilotprojekt zur PrEP gestartet. Das Blisterzentrum Kölsche Blister des Apothekers hatte in Kooperation mit Hexal die Wirkstoffkombination Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil (FTC/TDF) bezahlbar gemacht. Die Bilanz ist positiv.
Seit dem 1. November – einen Monat vor dem Welt-Aids-Tag – kostet die Wirkstoffkombination 40 Euro pro 28 Tage; eine weitere Preissenkung um 20 Prozent. „Die Senkung des Abgabepreises ermöglicht einer größeren Anwendergruppe den Zugang zur PrEP“, so Kölsche Blister.
„Die PrEP wird das Kondom nicht ersetzen. Das Kondom bleibt für die meisten Menschen das einfachste Mittel, sich vor HIV zu schützen, und reduziert das Risiko anderer Geschlechtskrankheiten. Aber manche Menschen brauchen die medikamentöse Prophylaxe, um sich nicht zu infizieren“, erklärte Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen AIDS-Hilfe. „Wenn jetzt eine große deutsche Kasse hier einen Vorstoß unternimmt, kommt ihr damit in der HIV-Prävention eine wichtige Vorreiterrolle zu.“
Die Deutsche AIDS-Gesellschaft befürwortet ebenfalls die DAK-Pläne: „Ein regulärer Zugang bewahrt Menschen davor, die PrEP auf eigene Faust ohne entsprechendes Monitoring anzuwenden“, betont Professor Dr. Georg Behrens, Präsident der Deutschen AIDS-Gesellschaft. Die PrEP-Substanzen können auch unerwünschte Wirkungen auslösen und dürfen deshalb ohne ärztliche Begleitung und regelmäßige Kontrolluntersuchungen nicht eingenommen werden. Insbesondere bei eingeschränkter Nierenfunktion ist Vorsicht geboten.