CSU macht Druck: Arzneimittel-Produktion zurück nach Europa APOTHEKE ADHOC, 19.02.2020 10:06 Uhr
Bereits mehrfach hat sich die CSU mit dem Thema Lieferengpässe befasst. Jetzt erhöht die CSU-Landtagsfraktion den Druck: Per Dringlichkeitsantrag setzt sie sich im Bayerischen Landtag dafür ein, dass die Produktion wichtiger Wirkstoffe für Medikamente, insbesondere für Antibiotika, Anästhetika und Schmerzmittel, wieder nach Deutschland oder in die EU zurückverlagert wird. Der Antrag soll heute in München beraten und verabschiedet werden.
Hintergrund ist die zunehmende Zahl nicht lieferbarer Medikamente und die Abhängigkeit von Produktionsstätten in China und Indien. So werden etwa seit 2016 in Deutschland keine Antibiotika und deren Wirkstoffe mehr produziert. Der Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion zielt darauf, auf Bundes- und Europaebene Anreize zu schaffen, dass die Produktion wieder nach Deutschland oder zumindest in die EU zurückverlagert wird. Zudem wird die Staatsregierung aufgefordert, im Bundesrat die Initiative von Hessen und Rheinland-Pfalz gegen Lieferengpässe bei Medikamenten zu unterstützen.
Dazu erklärt Bernhard Seidenath, gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses: „Wir wollen, dass jeder Patient jederzeit genau das Medikament bekommt, das er benötigt. Für uns gehört das zur bestmöglichen Versorgung von Patienten, die wir sicherstellen wollen. Das Auftreten des Corona-Virus verschärft die Situation der Lieferengpässe weiter. Daher müssen wir unbedingt die Weichen stellen für die Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland und in die EU, zumal dies ein langfristiger Prozess ist.“
Im Januar hatte sich bereits die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) dafür ausgesprochen, Arzneimittelhersteller unter bestimmten Bedingungen zur Verwendung von Wirkstoffen zu verpflichten, die in der Europäischen Union hergestellt werden. „Ich werde meinen geplanten Besuch bei der neuen EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides zu dem Hinweis nutzen, dass hier dringender Handlungsbedarf auch auf europäischer Ebene besteht“, kündigte Huml Anfang Januar an. Bereits 2018 habe sie das Thema mit dem damaligen Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis, besprochen.
„Zum Beispiel müssen wir auf Bundes- und EU-Ebene weiter darauf hinwirken, dass bei der Arzneimittelproduktion europäische Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden“, so die 44-Jährige. Das müsse auch gelten, wenn die Herstellung in einem Nicht-EU-Land erfolge, um Wettbewerbsverzerrungen durch prekäre Rahmenbedingungen in Drittstaaten zu vermeiden. „Ferner müssen mögliche Maßnahmen geprüft werden, um Arzneimittelhersteller zu verpflichten, bei der Herstellung insbesondere von versorgungsrelevanten Arzneimitteln in der EU hergestellte Wirkstoffe zu verwenden.“
Außerdem müssten Lieferschwankungen bei wichtigen versorgungsrelevanten Arzneimitteln in Krankenhäusern künftig abgefedert werden. Das bayerische Gesundheitsministerium werde sich deshalb bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dafür einsetzen, dass die bisherigen Regelungen zur zweiwöchigen verpflichtenden Lagerhaltung ausgedehnt werden. Beim bayerischen Pharmagipfel in München im Dezember vergangenen Jahres habe sie sich bereits mit dem Thema befasst und sich mit Vertretern der pharmazeutischen Industrie darauf verständigt, vor allem den Standort in Bayern, aber auch in Deutschland und Europa bei der Wirkstoffproduktion zu stärken und zu fördern.
Auch die CSU-Fraktion hatte sich bereits kurz vor Weihnachten 2019 mit einem Antrag zu Lieferengpässen zu Wort gemeldet. Darin wurde die Staatsregierung aufgefordert, sich für Maßnahmen zur Versorgungssicherheit einzusetzen. „Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich schnellstmöglich auf Bundes- und insbesondere europäischer Ebene für vielfältige Maßnahmen zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung einzusetzen“, heißt es in dem Antrag. Daraus ist jetzt der Dringlichkeitsantrag entstanden. Oberste Priorität haben dabei laut CSU unverzichtbare Arzneimittel wie Narkosemittel, Blutdrucksenker und Krebsmedikamente. „Mittelfristig sollte auch die Problematik der übrigen Arzneimittel wie Ibuprofen etc. gelöst werden.“ Darüber hinaus wird die Staatsregierung aufgefordert, sich für finanzielle Anreize auf europäischer Ebene einzusetzen. Heute bezögen Generikahersteller ihre Wirkstoffe oftmals von nur wenigen Anbietern, vor allem aus Fernost. Falle dort beispielsweise eine Produktionslinie aus, könne sich dies schnell auch hier in Deutschland bemerkbar machen.