Corona-Schnelltests: Schmidt widerspricht Ärztepräsident APOTHEKE ADHOC, 28.08.2020 17:35 Uhr
Abda-Präsident Friedemann warnt vor übertriebenen Hoffnungen in Schnelltests auf Sars-CoV-2. Und zwar nicht nur aufseiten der Patienten, sondern auch aufseiten der Apotheker: Eine Abgabe von Schnelltests in Apotheken sei nach derzeitiger Rechtslage „nur sehr eingeschränkt möglich“. Auch diagnostische Tests dürften nicht in Apotheken durchgeführt werden.
Politik, Wissenschaft und Fachöffentlichkeit debattieren angesichts kontinuierlich steigender Fallzahlen weiter über die richtige Teststrategie in der Covid-19-Pandemie. Als oberster Vertreter der Apothekerschaft hat sich Schmidt nun eingeschaltet, um vor Missverständnissen und falschen Schlüssen zu warnen: „Wir müssen die Diskussion versachlichen und dabei verschiedene Punkte auseinanderhalten“, fordert er. Im Wesentlichen erinnert er daran, dass sich Politik und Gesellschaft auf eine Strategie einigen müssten: „Erstens brauchen wir noch mehr Klarheit über die Verlässlichkeit der verschiedenen Tests und ihre Verfügbarkeit“, so Schmidt. Zweitens müsse Einigkeit darüber hergestellt werden, wer primär getestet werden soll, was mit den Testungen erreicht werden soll und wie das Verfahren nach einem positiven Test aussieht. Drittens sei in diesem Zusammenhang zu klären, wo die Tests zur Verfügung stehen und wer die Kosten tragen soll.
Das wird selbstverständlich auf höchster Ebene entschieden: „Viel wird abhängen von der für Mitte September angekündigten Positionierung von Bundesgesundheitsministerium und den obersten Bundesbehörden sowie den ebenfalls angekündigten Veränderungen der nationalen Teststrategie.“ Nicht nur eine Anpassung, sondern eine Generalüberholung dieser Teststrategie hatte Anfang der Woche Ärztepräsident Dr. Klaus Reinhardt gefordert: Unter anderem müssten künftig verstärkt Schnelltests eingesetzt werden.
Schmidt hingegen warnt vor allzu großen Hoffnungen angesichts dieser Schnelltests: „Diese Tests sind kein Vehikel zur Lockerung von Infektionsschutzmaßnahmen. Ein negatives Ergebnis kann keine Eintrittskarte für den samstäglichen Clubbesuch mit tausend anderen sein“, so der Abda-Präsident. Clubs sind bereits seit Beginn der Covid-19-Pandemie bundesweit geschlossen und dürften nach Ansicht der meisten Fachleute zu den letzten Einrichtungen gehören, die wieder öffnen dürfen.
Auch gegen die Abgabe von Schnelltests an die Patienten wendet sich Schmidt. „Das positive Ergebnis eines Schnelltests muss ja Konsequenzen haben“, sagt er. „Es muss ein verlässlicherer Labortest zur Bestätigung und nötigenfalls eine Meldung der nachgewiesenen Infektion erfolgen. Schon deshalb ist es unerlässlich, dass die Tests im heilberuflichen Umfeld bleiben.“ Ohnehin gebe es rechtliche Bedenken bezüglich einer solchen Abgabe an Patienten. „Die Medizinprodukteabgabeverordnung untersagt den Apothekern, solche Tests an Laien abzugeben. Die Abgabe von In-vitro-Diagnostika zum Nachweis der Erreger von Krankheiten, die im Infektionsschutzgesetz genannt sind, ist nur an medizinisches Personal und andere Fachkreise erlaubt.“ Einen solchen Schnelltest hatte das rheinland-pfälzische Unternehmen Weko erst kürzlich auf den Markt gebracht. Der Virologe Professor Dr. Alexander Kekulé in der aktuellen Ausgabe seines MDR-Podcasts Schmidts Auffassung: Er befürwortete explizit Schnelltests in Apotheken aus, die es in es in Deutschland an jeder Ecke gebe. Auch er sehe bei den Schnelltests eine geringere Genauigkeit als die PCR-Tests, dafür hätten sie den großen Vorteil, dass mit ihnen schneller flächendeckend getestet und dezentral ausgewertet werden kann. Die schnellere Verfügbarkeit sein auch psychologisch wichtig.
Vollwertige Tests auf Sars-CoV-2 hingegen seien in den Apotheken komplett tabu, betont Schmidt. Apotheker dürfen demnach keine diagnostischen Tests auf COVID-19 innerhalb der Apotheke durchführen, da dies gesetzlich Ärzten vorbehalten sei. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz vertritt eine ähnliche Haltung wie Schmidt. Sie warnte kürzlich vor einem „massenhaften Einsatz“ von Schnelltests, da diese dann regelmäßig Falschmeldungen produzieren würden. „Das Chaos wäre vorprogrammiert“, so Vorstand Eugen Brysch. Der PCR-Test, der jetzige Standardtest, ist der weltweit erste Diagnostiktest auf Sars-CoV-2. Im Labor wird bei der Probe die Erbsubstanz des Erregers isoliert. Erreger können in sehr geringen Konzentrationen nachgewiesen werden.
Reinhardt hatte eine Änderung der nationalen Teststrategie insbesondere vor dem Hintergrund des zeitlichen Zusammenfallens der Corona-Pandemie und der Grippesaison im Herbst und Winter gefordert. „Wir müssen eine Überlastung von Praxen und Kliniken durch Corona und Influenza unbedingt vermeiden“, so Reinhard. Auch hier widerspricht ihm Patientenschützer Brysch. Er rechne nicht mit überlaufenen Arztpraxen – erst recht dann nicht, wenn die Menschen sich jetzt gegen Grippe impfen ließen. Denn die Hygiene- und Abstandsregeln seien nicht nur ein effizienter Schutz gegen Covid-19, sondern auch gegen Influenzaviren. „Das war im Frühjahr so und wird wohl auch in der kommenden Grippesaison so sein“, so Brysch.