Mitten in der Corona-Sommerwelle schaut die Politik bereits auf den Herbst: Welche Maßnahmen sollen dann noch möglich sein? Der Justizminister verhandelt darüber mit dem Gesundheitsminister – und gibt nun schon mal ein paar Hinweise.
Das Konzept der Bundesregierung für den Corona-Herbst dürfte nach Aussage von Bundesjustizminister Marco Buschmann „eine Form der Maskenpflicht“ vorsehen. „Die Wirksamkeit von Masken für den Einzelnen in Innenräumen ist unstreitig“, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Deswegen wird eine Form der Maskenpflicht in Innenräumen in unserem Konzept sicher eine Rolle spielen. Wir arbeiten ja jetzt bereits mit Maskenpflichten im Öffentlichen Personennahverkehr.“ Zugleich kommen bestimmte weitreichende Eingriffe nach seiner Darstellung für die Ampel-Koalition nicht infrage: „Wir sind uns einig in der Koalition, dass es keinen Lockdown mehr geben wird, keine pauschalen Schulschließungen und auch keine Ausgangssperren.“ Das seien „unangemessene Instrumente im dritten Jahr der Pandemie“.
Buschmann verhandelt derzeit mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) über die Corona-Maßnahmen, die künftig grundsätzlich möglich sein sollen. Denn im September läuft die Rechtsgrundlage für die inzwischen stark eingeschränkten Basis Maßnahmen aus. Zugleich wird in der kälteren Jahreszeit ein erneuter starker Anstieg der Infektionszahlen befürchtet. Während Lauterbach sich bereits für eine Maskenpflicht in Innenräumen ausgesprochen hatte, hatte Buschmann sich im vergangenen Monat noch zurückhaltend geäußert, er wollte zunächst ein inzwischen vorliegendes Sachverständigengutachten zu den Corona-Maßnahmen abwarten.
Der Justizminister warnte, man müsse sehr ernst nehmen, „was uns im Herbst und Winter erwartet“. Zum Fahrplan sagte er: „Ich bin guter Dinge, dass wir Ende des Monats ein Konzept haben, das wir dann im August mit den Ländern besprechen, und im September bringen wir die Änderung des Infektionsschutzgesetzes durch das Parlament.“ Der Justizminister kündigte an, „klare und verständliche Regeln“ zu schaffen. Als weitere Maßgaben nannte er, dass die Maßnahmen nachweisbar helfen – und dass die Regeln „grundrechtsschonend, also verhältnismäßig“ sind.
Buschmann stellte zudem eine „ambitionierte Impfkampagne“ gerade in Alten- und Pflegeheimen in Aussicht. Außerdem sorge die Ampel dafür, „die besten und modernsten Impfstoffe“ rechtzeitig zur Verfügung zu haben. Zur Beurteilung der Corona-Lage setzt er auf ein „Bündel an Kennziffern“. Ihm sei ganz wichtig, „dass wir endlich verbesserte Daten aus den Krankenhäusern bekommen“. Die Inzidenz habe stark an Aussagekraft verloren. Beispielsweise könnten auch Abwasseruntersuchungen auf das Coronavirus helfen, Infektionswellen besser vorherzusagen. „Der Datenblindflug muss ein Ende haben.“
Weitere Kritik gab es unterdessen an Gesundheitsminister Lauterbach, der für zweite Auffrischimpfungen auf breiterer Front geworben hatte – nicht nur bei Älteren ab 60 oder 70 Jahren. Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger warf dem Sozialdemokraten in der „Augsburger Allgemeinen“ deshalb vor, die Bevölkerung zu verängstigen und zu verwirren. „Eine solche Aussage gegen die Empfehlungen der fachlich zuständigen Ständigen Impfkommission und der Europäischen Arzneimittelbehörde ist eine Ohrfeige für alle, die an nachvollziehbare evidenzbasierte Pandemiepolitik glauben“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gegenüber beiden Redaktionen sprach Pilsinger von einem „Konjunkturprogramm für die Querdenkerbewegung“.
Lauterbach hatte gesagt, wolle man den Sommer ohne Risiko einer Erkrankung genießen, würde er eine vierte Impfung – „in Absprache natürlich mit dem Hausarzt“ – auch Jüngeren empfehlen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt einen zweiten Booster bislang nur für Über-70-Jährige und einige andere Risikogruppen. EU-Fachbehörden hatten sich kürzlich für eine weitere Auffrischung ab 60 Jahren ausgesprochen. „Medizinische Empfehlungen aus der Politik heraus sollten sehr zurückhaltend erfolgen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann, der „Rheinischen Post“.
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