Überbrückungshilfen und Kurzarbeitergeld

Corona-Finanzspritzen sollen in die Verlängerung

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Berlin -

In dieser Woche könnten wichtige Entscheidungen fallen zum weiteren Vorgehen der Bundesregierung in der Corona-Krise. Der Arbeitsminister will eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds, der Wirtschaftsminister den Mittelstand weiter unterstützen. Es gibt jedoch auch Kritik an den geplanten Maßnahmen.

Die wirtschaftliche Erholung in der Corona-Krise hat noch längst nicht alle Branchen erfasst – und drohende neuerliche Einschränkungen sorgen weiter für Verunsicherung. Um eine riesige Pleitewelle bei den Unternehmen und einen sprunghaften Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern, will die Bundesregierung bei den Corona-Hilfen nachsteuern. Im Blick stehen vor allem eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes und der Überbrückungshilfen für den Mittelstand. Dabei geht es um Milliardenbeträge.

Beim Koalitionsausschuss an diesem Dienstag wollen die Spitzen des Regierung unter anderem über die Verlängerung der Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes beraten. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Montag: „Ich werde dem Koalitionsausschuss am Dienstag vorschlagen, dass wir die Brücke der Kurzarbeit zunächst über den Jahreswechsel hinaus verlängern und sie im Jahr 2021 dann Stück für Stück zurückführen.“ Die Bundesregierung arbeite daran, die nötigen Rechtsänderungen im September auf den Weg zu bringen. Konkret gehe es ihm um eine Verlängerung der Laufzeit von Kurzarbeit von bisher 12 auf bis zu 24 Monate im einzelnen Betrieb.

Das Bundesarbeitsministerium schlägt laut Bild am Sonntag auch vor, die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes zu verlängern. Heils Ressort habe ein entsprechendes Konzept entwickelt. Regulär beträgt das Kurzarbeitergeld 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, für Berufstätige mit Kindern 67 Prozent. Die Bundesregierung hatte in der Corona-Krise aber beschlossen, das Kurzarbeitergeld aufzustocken. Ab dem vierten Monat wird es nun auf 70 beziehungsweise 77 Prozent erhöht, ab dem siebten Monat auf 80 beziehungsweise 87 Prozent.

Die Unionsfraktion ist zu einer Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bereit, wenn die Voraussetzungen verschärft werden. Fraktionsvize Carsten Linnemann sagte der Rheinischen Post am Montag: „Wir müssen die Bedingungen nachschärfen, damit Mitnahmeeffekte ausgeschlossen werden.“ Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 87 Prozent des Nettolohns müsse „auf das alte Niveau heruntergefahren werden“, sagte der CDU-Politiker. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir das Geld nicht mehr mit vollen Händen ausgeben können.“ Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes auf 24 Monate könnte zwischen 5 und 10 Milliarden Euro kosten, schrieb die „BamS“. Die Höhe der Kosten sei davon abhängig, wie viele Beschäftigte 2021 und 2022 noch von Kurzarbeit betroffen sein werden.

Kritik kommt hingegen von Wirtschaftsforscher Michael Hüther. Er sieht keinen Entscheidungsdruck in der Diskussion um eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes. „Man muss das Pulver auch mal trocken halten“, sagte Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der Rheinischen Post am Montag. Schließlich gelte die aktuelle Regelung noch bis Ende März 2021. Hüther verwies auf die sich erholende Konjunktur. „Die Nutzung des Kurzarbeitergeldes geht nun aber zurück, die Konjunkturindikatoren zeigen eine weitere Erholung an“, sagte er. „Damit wird die Lage der Betriebe immer differenzierter. Umso weniger sind Breitbandanwendungen passend, die zusätzlich bis zu zehn Milliarden Euro kosten.“ Sinnvoller seien Eigenkapitalhilfen und ein unbegrenzter Verlustrücktrag.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, bekräftigte hingegen im Nachrichtenportal The Pioneer seine Forderung, das Kurzarbeitergeld zu verlängern, und sprach sich für eine Steuerfinanzierung dieser Maßnahme aus: „Uns kommt es darauf an, dass sich die Bundesagentur für Arbeit nicht verschulden muss. Die Rücklage ist begrenzt, Kurzarbeit muss deshalb über einen Bundeszuschuss finanziert werden.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) macht sich unterdessen für eine Verlängerung der Überbrückungshilfen für den Mittelstand bis Ende des Jahres stark, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Gerade der Mittelstand und seine Beschäftigten bräuchten weiterhin dringend Hilfe, um die schwierige Zeit zu überstehen. In den von den Einschränkungen besonders betroffenen Bereichen sei die Lage weiter ernst. Die staatlichen Überbrückungshilfen laufen bisher bis Ende August. Die Antragsfrist war bis Ende September verlängert worden, also sind Zahlungen auch rückwirkend möglich. Für die Zuschüsse an die Firmen hat der Bund 25 Milliarden Euro eingeplant. Unterstützt werden sollen vor allem kleine und mittelständische Firmen aus Branchen wie der Reisewirtschaft, dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder den Schaustellern, die weiter erhebliche Umsatzeinbußen haben.



Erstattet werden fixe Betriebskosten bis zu einem Betrag von insgesamt 150.000 Euro über drei Monate. Die Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden. Bisher wurden bei den Überbrückungshilfen rund 38.000 Anträge gestellt und ein Fördervolumen von über 700 Millionen Euro beantragt, wie es im Wirtschaftsministerium hieß. Damit ist noch viel Geld aus dem Milliardentopf nicht abgeflossen. Die Antragszahlen stiegen täglich an und würden gerade von kleinen und mittleren Unternehmen stark nachgefragt, hieß es. Rund 94 Prozent Anträge seien aktuell von Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten gestellt worden. Rund 30 Prozent der Anträge kämen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe, 10 Prozent aus der Reisewirtschaft, weitere vor allem aus dem Kulturbereich sowie der Veranstaltungsbranche.

Die Bundesregierung hatte zuvor bereits milliardenschwere Rettungsprogramme beschlossen, etwa Sonderkredite und Soforthilfen für Kleinstfirmen. Damit soll verhindert werden, dass Firmen das Geld ausgeht und Jobs vernichtet werden. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland war im zweiten Quartal eingebrochen. Für das Gesamtjahr wird die schwerste Rezession der Nachkriegsgeschichte erwartet. Angesichts der wieder steigenden Zahl der Neuinfektionen wird in der Wirtschaft eindringlich vor der Gefahr eines zweiten Lockdowns gewarnt. Der Chef der „Wirtschaftsweisen“, Lars Feld, sagte: „Das wäre wirtschaftlich gesehen eine Katastrophe. Es besteht dann die Gefahr einer dauerhaften Abschwächung des Wachstums.“ Ein zweiter Lockdown würde dazu führen, dass eine Reihe von Unternehmen, die noch überlebt haben, in die Insolvenz gehen müssten.

Der Bundesverband Freie Berufe forderte die schwarz-rote Koalition zu Nachbesserungen bei den Corona-Hilfen auf. Hauptgeschäftsführer Peter Klotzki sagte, gerade Solo-Selbstständige würden seit rund einem halben Jahr im Stich gelassen. „Dies befördert die Bereitschaft zur Selbstständigkeit nicht, sondern würgt sie ab.“ Die geplante Verlängerung des Kurzarbeitergeldes sei ein geeignetes Instrument, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, betonte Klotzki. „Allerdings fallen die Hilfsinstrumente damit weiterhin auseinander: Gerade Solo-Freiberufler und diejenigen mit wenigen Mitarbeitern werden gegenüber Arbeitnehmern weiter benachteiligt.“

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