Bayrische Staatsregierung

Corona-Dokumente: „Kein Anlass zur Offenlegung“ dpa, 21.04.2024 08:29 Uhr aktualisiert am 21.04.2024 14:56 Uhr

Zur Aufarbeitung der Corona-Krise sieht in der Regierung im Freistaat niemand einen Anlass zur Offenlegung von Dokumenten. Foto: kohlerphoto-stock.adobe.com
Berlin - 

Zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie und der Corona-Maßnahmen ist die bayerische Staatsregierung bislang nicht zu einer weiteren Offenlegung von Dokumenten bereit. Nach hiesiger Auffassung sei „klar, dass die Staatsregierung für eine weitere Offenlegung von Dokumenten keinen Anlass sieht“, heißt es in einer aktuellen Antwort des Gesundheitsministeriums auf Anfrage der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag.

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn hatte die Staatsregierung gebeten, „die einschlägigen Akten des Kabinetts, des Gesundheitsministeriums und des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit offenzulegen“.

Auch mit Blick auf die in der Pandemie zeitweise gültigen Auflagen für Schulen bedarf es aus Sicht des Ministeriums keinerlei nachträgliche Aufarbeitung: „In der Corona-Pandemie stand der Schutz von Leib und Leben an oberster Stelle. Daher waren aus damaliger Sicht auch die Kita- und Schulschließungen bzw. der Wechselunterricht an den Schulen angemessen und verhältnismäßig.“ Das Ministerium verweist in dem Kontext explizit auch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den entsprechenden Anordnungen.

„Kommission wäre gut“

Von Brunn sieht das als Fehler an und plädiert für Transparenz: „Über Corona in vernünftiger und einfühlender Weise nachzudenken, ist für uns als Gesellschaft wichtig. Nur so können wir Gräben wieder beseitigen, aus Fehlern lernen und uns richtige Entscheidungen für die Zukunft merken.“ Auch in Bayern wäre eine Kommission gut, bestehend aus Wissenschaftlern und Vertretern der Politik, ergänzt durch einen Bürgerrat. „Dass die Regierung Söder sich jetzt weigert, die Akten zu öffnen und alle Maßnahmen immer noch für richtig erklärt, ist da unverständlich.“

Die Staatsregierung verwies ihrerseits auf die Transparenz bei der Festlegung der Corona-Verordnungen in einem demokratisch legitimierten Verfahren: „Der Landtag war in die Entscheidungen eingebunden und hat die Maßnahmen der Staatsregierung mit großen Mehrheiten unterstützt. Die Gesetzes- und Verordnungsregelungen sind jeweils ausführlich amtlich begründet und öffentlich breit kommuniziert worden.“ Zudem seien die getroffenen Maßnahmen in einer Vielzahl von Gerichtsverfahren vor allem auf ihre Verhältnismäßigkeit intensiv überprüft und in der deutlich überwiegenden Zahl als rechtmäßig bestätigt worden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende betonte, dass er nicht davon ausgehe, dass Entscheidungen in der Pandemie definitiv nicht leichtfertig getroffen worden seien: „Klar ist: Niemand von den damaligen Entscheidungsträgern wollte der Bevölkerung schaden, sondern die Menschen sollten geschützt werden.“ Dennoch hätten viele Kinder und Jugendliche durch die langen Schulschließungen psychische Probleme davongetragen, gerade Familien mit Kindern seien stark belastet gewesen. „Jetzt zu sagen, dass die Schließungen in dieser Form völlig richtig waren, halte ich für nicht gut.“

Von Brunn verwies in dem Kontext auf die Bundesregierung in Berlin: „Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält die langen Schulschließungen im Nachhinein für einen Fehler und fordert ebenso wie viele seiner Kabinettskollegen eine Aufarbeitung.“

Kritik zurückgewiesen

Das bayerische Gesundheitsministerium reagierte inzwischen auf die SPD-Kritik im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Corona-Pandemie und wies diese zurück. Ein Ministeriumssprecher betonte am Sonntag in München: „Bayern hat bereits aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt und gehandelt, um sich für künftige Pandemien zu wappnen.“ Es sei unbestritten, dass „die Maßnahmen der Bevölkerung viel abverlangt haben“, so der Sprecher.

„Die Corona-Pandemie war aber eine bis zu diesem Zeitpunkt nie dagewesene Herausforderung.“ Rückblickende Schuldzuweisungen verkennen die damalige Situation völlig. Klar sei aber auch: „Bei Infektionsgeschehen ist verstärkt auf jedwede Belastungen für Kinder zu achten – etwa wenn es um Kita- und Schulschließungen geht. Dies hat das bayerische Gesundheitsministerium auch bereits gegenüber Medien klar festgestellt.“

Der Sprecher fügte außerdem hinzu: „Im Übrigen hatten wir in Bayern einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der sich mit der Corona-Pandemie und deren Folgen intensiv auseinandergesetzt hat.“ Dabei wurden auch die großen Herausforderungen für die Entscheidungsträger deutlich: „Im Jahr 2020 stand die Bevölkerung dem neuen Coronavirus Sars-CoV-2 schutzlos gegenüber, da es noch keine Impfung und keine wirksamen Medikamente gab.“

Zugleich sei bereits wissenschaftlich bekannt gewesen, dass das Virus hochansteckend sei und über Tröpfchen und Aerosole übertragen werde. „Bayern hat rasch Hygiene- und Schutzkonzepte für besonders gefährdete Gruppen entwickelt, auf die wir bei Bedarf schnell wieder zurückgreifen können. Mit einem ‚Handbuch Impfstrategie‘ soll künftig zudem die Blaupause für den schnellen Aufbau einer Impf-Infrastruktur geschaffen werden“, so der Sprecher.