GKV-Leistungskatalog

Kassen zahlen Krebsdiagnose nicht

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Berlin -

Voraussetzung für den Einsatz zielgerichteter Krebstherapien sind molekulargenetische Analysen, die die Eignung eines Patienten für eine spezielle Therapie nachweisen. „Companion Diagnostic“ wird allerdings nicht immer von den Krankenkassen erstattet – ein Umstand, der Risiken für die Patientenversorgung berge und zu Unsicherheit bei allen Beteiligten führe, so das Fazit des Workshops „Companion Diagnostic in der Onkologie“.

Die Behandlung von Krebspatienten ändert sich: Während die Chemotherapien sich lange allgemein gegen sich schnell teilende Zellen richteten und damit sehr belastende Nebenwirkungen verursachten, konzentriert sich die Forschung heute zunehmend auf das Prinzip der personalisierten Medizin. Die neuen Wirkstoffe setzen an spezifischen molekularen Tumormerkmalen an und gehen häufig mit deutlich verbesserter Wirksamkeit bei oft besserer Verträglichkeit einher.

Voraussetzung dafür ist allerdings eine meist kostspielige Diagnostik: Ob ein Patient über eine tumorspezifische Mutation verfügt und somit für eine zielgerichtete Therapie geeignet ist, zeigt ein molekularpathologischer Test. Dieser ist laut Zulassungsbescheid für das Medikament zwingend vorgeschrieben.

Die Therapie darf daher ohne Nachweis der Mutation nicht eingeleitet werden. „Testungen sind der Schlüssel für personalisierte Therapieoptionen und entscheidend für die Prognose des Patienten“, erklärt Professor Dr. Manfred Dietel, Direktor des Instituts für Pathologie, Campus Charité Mitte. „Ohne Testung kann vielen Patienten eine zielgerichtete Therapie nicht gegeben werden.“

Obwohl die Gabe bestimmter Arzneimittel durch den Zulassungsbescheid an eine vorhergehende Biomarkertestung gebunden ist, ist die Erstattung dieser Companion-Diagnostic-Leistungen bislang nicht eindeutig geklärt. Einen kleinen Fortschritt gibt es allerdings: Am 1. Juli tritt eine überarbeitete Fassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) für Ärzte in Kraft, dem Vergütungssystem, das die Erstattung medizinischer Leistungen in der vertragsärztlichen beziehungsweise ambulanten Versorgung regelt.

Darin wird nun neu geregelt, dass Companion-Diagnostic-Leistungen in einem eigenen Kapitel erstmals abrechenbar werden. Das sei ein positives Signal für Hersteller zielgerichteter Therapien und ein wichtiger Schritt für die Versorgung von Krebspatienten, so Dr. Karl Matussek, Vice President Oncology von AstraZeneca. Jedoch gilt diese Neuerung nicht für alle Technologien, was die Erstattung von Liquid Biopsies zeigt. Das sind Testungsverfahren auf Mutationen, die anhand von Blutproben durchgeführt werden können. Sie eignen sich zum Beispiel für den Nachweis einer EGFR-Mutation bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs, für die eine Gewebebiopsie aufgrund eines schlechten Allgemeinzustands ein zu großes Risiko bergen würde.

Bei positiver Testung besteht die Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie. Nach aktualisierter Fassung des EBM ist dieses Verfahren jedoch nicht länger erstattungsfähig, sondern ausschließlich die – deutlich teurere – Testung am Tumorgewebe mittels Biopsie. „Die Anpassungen des EBM sind fragwürdig und führen zu weiteren Herausforderungen für die Patientenversorgung“, urteilt Professor Dr. Stefan Huster, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Sozial- und Gesundheitsrecht an der Ruhr-Universität Bochum.

Auch in der stationären Patientenversorgung gebe es für die Erstattung von Companion Diagnostics keine eindeutigen Grundlagen, so Huster. Selbst wenn die Therapie über das Erstattungssystem abgerechnet werden kann, bedeute dies nicht, dass die Companion-Diagnostic-Leistung ebenfalls erstattungsfähig sei. So könne zwar stationär grundsätzlich die Behandlung mit dem Medikament erfolgen, die vorausgesetzte Testung ist jedoch mangels Erstattungsregelung nicht durchführbar.

Die Folge: Patienten müssen für eine Mutationsanalyse in die ambulante Behandlung überwiesen werden oder können die Therapie gar nicht erhalten, weil die Testung als Voraussetzung für die Behandlung nicht durchgeführt werden kann. „Neue Behandlungsoptionen scheitern so an Erstattungshürden. Dies geht besonders zu Lasten der betroffenen Patienten“, schlussfolgert Huster.

Hersteller von Companion Diagnostics – die häufig auch die Anbieter der dazu passenden Medikamente sind – fordern einheitliche Regelungen in der Erstattung der Testsysteme. „Das deutsche Gesundheitssystem ist jetzt gefragt – es muss dringend eine regelhafte Lösung gefunden werden. So sollte gesetzlich festgeschrieben werden, dass alle Tests, die zur Therapieplanung in der Fachinformation von Arzneimitteln zwingend vorgesehen sind, mit dem Tag der Zulassung auch erstattet werden“, fordert Matussek. „Ziel muss es sein, dass alle Patienten mit der jeweils beschriebenen Mutation ermittelt werden und eine angemessene Behandlung erhalten“.

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