Apotheken in Niedersachsen haben aktuell große Probleme bei der Bewilligung von Hilfsmittelanträgen. Das liegt in diesem Fall mal nicht an störrischen Krankenkassen, sondern an einem Engpass in der Clearingstelle des Apothekerverbands (LAV). Regelmäßig warten Apotheken wochenlang auf die Freigabe. Die Kund:innen wendeten sich teilweise verärgert ab, eine Patientin sei sogar zwischenzeitlich bereits verstorben, als die Genehmigung eintraf, berichtet eine Mitarbeiterin der Apotheke.
Anfang März informierte der LAV über einen vorübergehend eingeschränkten Service bei der Bearbeitung der Kostenvoranschläge. Die Clearingstelle sei in den nächsten beiden Wochen nur zwei Stunden am Vormittag erreichbar. Hintergrund sei eine „personelle Neugestaltung“, offenbar wurde das komplette Team ausgetauscht. Jedenfalls könne die Bearbeitung etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen als gewohnt.
Die Apotheken wurden im Rundschreiben zudem gebeten, nach dem Einreichen des Antrages von Nachfragen zum Bearbeitungsstatus abzusehen. Denn laut LAV betreffen „97 Prozent von den Anrufen, die während der Telefonzeit bei der Clearingstelle für Kostenvoranschlagsverfahren eingehen, den Status des Antrages“. Solche Anfragen blockierten die Antragsbearbeitung. „Des Weiteren zeichnet sich leider auch ab, dass der Tonfall der Anrufenden immer respektloser und persönlich verletzender gegenüber den Mitarbeitenden wird“, so der LAV. Die LAV-Clearingstelle setze alles daran, die noch rund 4600 offenen Anträge zu bearbeiten und zeitgleich die neuen Kolleginnen und Kollegen einzuarbeiten.
Zwei Wochen später erfolgte die nächste Mitteilung des LAV, wonach die Clearingstelle für Kostenvoranschläge bis auf Weiteres nur noch täglich von 11 bis 12 Uhr erreichbar sei. Leider beträfen weiterhin 97 Prozent der Anrufe den Status des Antrages. Zudem habe sich herausgestellt, dass einige Apotheken ihre Anträge doppelt und teilweise dreifach einreichen und damit jeweils einen neuen Vorgang auslösen. Im Clearingstellensoftware-Programm sei aber nicht erkennen, ob es sich um einen bereits eingereichten oder um einen neuen Antrag handelt, beklagt der LAV.
Die Anspannung ist in den Apotheken mindestens genauso groß. Mehr als neun Wochen habe sie zuletzt auf die Genehmigung eines Flachstrickkompressionsstrumpfes gewartet, berichtet die Mitarbeiterin einer Apotheke, die sich um die Medizinprodukte kümmert. Das mache die Behandlung der Patientin schlicht unmöglich. „Wir hatten sogar eine Kundin, die ist verstorben, bevor die Genehmigung da war.“ Die Krankenkassen benötigten nach Eingang schon etwa drei Wochen für die Freigabe, die Produktion der Kompressionsstrümpfe weitere zwei Wochen. Weitere Verzögerungen beim Stellen der Anträge könne man sich bei der Versorgung nicht leisten.
Und warum stellt die Apotheke die Anträge nicht direkt? Bislang hat sie keinen Zugang, um elektronische Kostenvoranschläge (eKV) zu verschicken. Seit Februar müssen die Apotheken die Anträge aber digital einreichen. Deshalb ging die Apotheke über die Clearingstelle des Verbands und das habe in der Vergangenheit auch gut geklappt. Wenn sich die Situation aber nicht bald verbessert, will die Apotheke umstellen.
Der LAV verwies auf Nachfrage auf den Personalwechsel im ersten Quartal. „Der Wechsel des Teams und die zeitgleich stattfindende verpflichtende Einführung des elektronischen Kostenvoranschlags (eKV) haben in Kombination zu einer längeren Bearbeitungsdauer der Vorgänge geführt“, so die Erklärung des Verbands. Mittlerweile habe die Clearingstelle aber wieder die gewohnte Personalstärke erreicht und sei dabei, die aufgestauten und die täglich neu eingehenden Vorgänge so schnell wie möglich zu bearbeiten. Allerdings: „Der Antragsstau beläuft sich auf einen mittleren vierstelligen Bereich, der täglich sinkt.“
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