Chroniker: Rezept ohne Praxisbesuch Nadine Tröbitscher, 15.04.2024 10:42 Uhr
Aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gibt es einen neuen Referentenentwurf zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), es ist mittlerweile die vierte Version innerhalb eines Jahres. Enthalten ist überraschenderweise einen Passus, der eigentlich in der Apothekenreform seinen Platz finden sollte: Dass das BMG künftig für das Apothekenhonorar zuständig ist, soll über das GVSG regelt werden.
Mit seiner Ankündigung, sich für Erhöhung des Apothekenhonorars einzusetzen, hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Apotheker:innen im vergangenen Jahr Hoffnung gemacht. Viel wert war sein Versprechen nicht, wie sich schon wenige Tage später zeigte: Man sei übereingekommen, dass das BMG künftig für das Thema zuständig sein soll, hieß es kurz darauf.
Eine entsprechende Regelung ist nun um neuen Referentenentwurf zum GVSG enthalten. Demnach haben sich BMG und Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) über den Übergang der Verordnungsermächtigung für die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) auf das BMG verständigt.
Unnötige Arzt-Patienten-Kontakte vermeiden
Mit dem GVSG sollen unnötige Arztkontakte vermieden werden. Das BMG hat vor allem Chroniker mit kontinuierlichem Arzneimittelbedarf im Visier, die nicht mehr jedes Quartal eine Arztpraxis aufsuchen sollen, nur um ein Rezept zu bekommen. Dazu soll es eine Anpassung der Versorgungspauschale geben. Für chronisch Kranke können Praxen bislang in jedem Quartal die Versorgungspauschale sowie eine Chronikerpauschale abrechnen. Letztere setzt einen Arzt-/Praxis-Patienten-Kontakt pro Quartal in mindestens drei Quartalen voraus. Dies führe bei Chronikern zu einem Anreiz für sehr häufige und medizinisch nicht immer notwendige persönliche Arzt-Patienten-Kontakte, heißt es im Referentenentwurf.
Daher soll der Bewertungsausschuss innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten eine einmal jährlich abrechnungsfähige Versorgungspauschale beschließen, die „bei der Behandlung eines Versicherten, bei dem mindestens eine lang andauernde, lebensverändernde Erkrankung vorliegt, die einer kontinuierlichen Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel bedarf, abzurechnen ist“. Diese gilt dann unabhängig von der Anzahl und Art weiterer Kontakte des Versicherten in der Arztpraxis.
Der Bewertungsausschuss soll außerdem Kriterien festzulegen, die die Vertragsärzt:innen erfüllen müssen, damit sie die Vorhaltepauschale überhaupt abrechnen können. Ein Kriterium soll die regelmäßige Aktualisierung des elektronischen Medikationsplans sein.
Die Pauschale kann gestaffelt sein nach dem jeweiligen Behandlungsbedarf. Auch ein Konzept zur Anpassung soll vorgelegt werden. Sofern das BMG die Pläne nicht innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage des Konzepts ganz oder teilweise versagt oder Prüfbitten erteilt, gilt der Entwurf automatisch als genehmigt. Bis Ende 2028 soll die Neuregelung evaluiert werden.
Keine separate Wiederholungsverordung
Gestrichen werden soll vor diesem Hintergrund die bisherige Regelung zur Wiederholungsverordnung: Nach § 31 Absatz 1b Sozialgesetzbuch (SGB V) kann für chronisch Kranke eine Widerholungsverordnung ausgestellt werden – nach der Erstabgabe sind bis zu drei weiter Abgaben erlaubt. Die elektronischen Verordnungen sind ein Jahr gültig und es müssen nicht alle Rezepte auf einmal eingelöst werden, denn das jeweilige E-Rezept ist mit einer Gültigkeitsdauer versehen.
„Durch diese vermeidbaren Arzt-/Praxis-Patienten-Kontakte werden die Kapazitäten der Hausärztinnen und Hausärzte und Behandlungstermine für Patientinnen und Patienten mit akutem medizinischen Behandlungsbedarf unnötig gebunden“, heißt es aus dem BMG.