Gesundheitsminister Jens Spahn hat sich verrechnet und korrigiert seine Bestellung: Die Apotheker:innen sollen jetzt 3,30 Euro pro Maske bekommen, die sie auf Staatskosten an Versicherte abgeben. Es ist weniger der neue Preis, über den es sich aufzuregen gilt, als über dieses neuerlich komplett chaotische Vorgehen des Ministers, kommentiert Alexander Müller.
Im Dezember hatte Spahn die Apotheken mit seiner Schutzmaskenverordnung einerseits mit einem unverhofften Zusatzverdienst überrascht, andererseits vor große logistische – und ja, auch moralische – Herausforderungen gestellt: Sie mussten FFP2-Masken im großen Stil besorgen und an Risikopatient:innen verteilen. Der Minister konnte auf die Apotheken vertrauen: Sie kassierten nicht einfach das vage zweckgebundene Geld, sondern gaben meist mehr Masken aus, als rechnerisch auf sie entfielen. Die allerwenigsten kalkulierten mit Spahns Stückpreis.
Teilweise auch deshalb, weil in Phase 2 6er-Packs gegen ein festes Honorar von 36 Euro abgegeben werden durften. Apotheker:innen sind Kaufleute und beherrschen die Mischkalkulation, die bei dieser Vergütung freilich auch nicht mit allzu spitzem Bleistift gemacht werden musste. Aus einer Mischung aus Anstand und Marketinginteresse wollten viele Apotheken den Versicherten dann zumindest den Eigenanteil erlassen – doch das verbot sich die Branche in einem symptomatischen Akt der Selbstzerfleischung gleich wieder.
Ob es nun diese Rabattaktionen oder die Anfrage der Grünen war, jedenfalls setzte sich in Spahns Haus die Wahrnehmung durch, das sechs Euro pro Maske zu viel sind. Das BMG verteidigt sich. Im Dezember hatte man einen Durchschnittsbezugspreis von 4,29 Euro ermittelt, was Spahn rückwirkend seiner eigenen Verordnung zuschreibt: „Das hat erstmal durchaus weltweit Folgen gehabt für die Marktpreise“, sagte er vergangene Woche. Jetzt muss schon die ganze Welt zuschauen, wenn Herr Spahn verordnet.
Spahn hatte daher angekündigt, er werde den Preis senken. Und dann hatte er im Redefluss auf eine gar nicht gestellte Zwischenfrage eigenständig ergänzt: „Man muss ja schon sehen: Man kann nicht den Herstellerabgabepreis vergleichen mit dem Endpreis. Da ist eine Mehrwertsteuer dazwischen, natürlich, da sind Vertriebsstufen dazwischen, da ist eine Beratung ja auch dabei, die sehr sehr wichtig ist für Viele, für den richtigen Umgang mit der FFP2-Maske, aber wir werden den Preis jetzt eben zeitnah festlegen. Ich kann Ihnen aber jetzt schon sagen, es werden weniger sein – weil die Marktlage das hergibt – als sechs Euro.“
Neugierig macht, wie Spahn diesmal gerechnet hat, nachdem sein Ministerium im Dezember offensichtlich unfähig war, einen realistischen Preis zu ermitteln. Jedenfalls wird der Erstattungsreis jetzt deutlich gestutzt, womit die Apotheken immer noch auskommen können – sofern die Welt zwischenzeitlich nicht auf den 36-Euro-Erlass reagiert hat. Die Branche erlebt einmal mehr: Auf diesen Minister ist kein Verlass.
Was passiert mit den Masken, die die Apotheken in der Zeit der Erstattung nicht loswerden? Es gibt keine Retouren. Wenn die Apotheken hart kaufmännisch kalkulieren, müssen sie bei der Bestellung jetzt sparen. Im schlimmsten Szenario würden Risikopatienten zum Ende des Bezugszeitraums in mehreren Apotheken die Kontakte vervielfachen, um ihre Coupons noch einlösen. Dazu wird es nicht kommen, weil Heilberufler so nicht ticken. Aber Spahn vertraut wieder auf die Apothekerinnen und Apotheker, die so wenig auf ihn vertrauen können. Gerade in der Krise bräuchte es diese Eckpfeiler. Spahn zeigt erneut, dass ihm dieser Kompass und diese Erdung fehlen.
Wäre er ein guter Krisenmanager, hätte sich ihm eine andere Strategie geboten: Er hätte an die Apotheken appellieren können, für das zugesagte Geld mehr Masken herauszugeben; Bedürftige mitzuversorgen, Hartz-IV-Empfänger. Diese jetzt anfallenden zusätzlichen Ausgaben hätte er sich sparen können – auf die Apotheken hätte er sich verlassen können.
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