Lindner fordert Sonderermittler zu Masken-Affäre

CDU unter Druck: Löbel schmeißt hin

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Berlin -

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel scheidet nun doch mit sofortiger Wirkung aus dem Bundestag aus, „um weiteren Schaden von meiner Partei abzuwenden“, wie er am Montagmittag mitteilte. Zuvor hatte er seinen Rückzug im August angekündigt – doch der Druck auf ihn und seine Fraktion wurde doch zu groß.

Eigentlich hatte Löbel sein Mandat noch fast ein halbes Jahr behalten wollen, bevor er zurücktritt – und damit eine Welle der Kritik provoziert. „Erst in sechs Monaten das Bundestagsmandat niederzulegen, hat offensichtlich mit Pensionsansprüchen zu tun. Immer noch ein Vorteilsoptimierer“, kritisierte der Bundestagsfraktionsvorsitzende der Linken, Diemtar Bartsch. Die Altersentschädigung für Bundestagsabgeordnete erhöht sich mit jedem Jahr der Mitgliedschaft um 2,5 Prozent der monatlichen Abgeordnetenentschädigung (derzeit 10.083,47 Euro), das wären 252 Euro. Das neue Parlament wird im September gewählt. Doch nicht nur in der Opposition, auch in den Regierungsreihen führte Löbels Entscheidung zu Entrüstung.

Neben der Abgabe von Ämtern wäre es auch konsequent, die Mandate abzugeben, sagte CSU-Chef Markus Söder am Montag im ZDF-Morgenmagazin und forderte Löbel auf, nicht später, sondern umgehend aus dem Bundestag auszuscheiden. Ein wichtiges Signal wäre ferner, Geld, das mit diesen Geschäften verdient worden sei, zurückzugeben und zu spenden, um hier auch „moralisch“ reinen Tisch zu machen. Im CSU-Präsidium werde man sich am Montagnachmittag darüber unterhalten, welche „parteilichen Konsequenzen“ das haben müsse, fügte Söder hinzu. Die CSU habe einen klaren Verhaltenskodex vor einigen Jahren aufgestellt. Auch dagegen sei klar verstoßen worden. Auch der CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet forderte schnellere Rücktritte. „Wer als Volksvertreter versucht, in dieser Krise für sich persönlich Geld zu verdienen, muss das Parlament unverzüglich verlassen“, sagte Laschet dem Südkurier.

FDP-Chef Christian Lindner ging noch weiter und hat die Einrichtung eines Sonderermittlers gefordert, um die Affäre um Provisionen von Bundestagsabgeordneten bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken aufzuklären. Man müsse auch schauen, was „auf der anderen Seite des Beschaffungsprozesses, also in den Ministerien passiert ist“, sagte Lindner am Montag in der Sendung Frühstart von RTL und n-tv. „Sicherlich wäre die CDU/CSU gut beraten, einen Sonderermittler zu fordern, der mit besonderen Befugnissen und Akteneinsicht als unabhängige Persönlichkeit hier Transparenz und Klarheit schafft“, betonte Lindner.

„Angesichts der Masken-Affäre fordern mache bereits einen Untersuchungsausschuss“, sagte Lindner. „Die Gefühlslage kann ich verstehen, aber das ist keine passende Idee, da die Legislaturperiode in wenigen Wochen zu Ende geht. Die Öffentlichkeit braucht zudem schneller Klarheit als eine Aufarbeitung in der kommenden Legislaturperiode.“ Die Bundesregierung solle jetzt selbst tätig werden „und im eigenen Interesse einen unabhängigen Sonderermittler einsetzen“, so Lindner. „Die Vorgänge in den Ministerien sollten umgehend und mit Akteneinsicht geprüft werden, so dass noch vor der Bundestagswahl einen Bericht vorgelegt werden kann. Es muss Schaden von der Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt abgewendet werden.“

Eine Woche vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz und inmitten der öffentlichen Diskussion um Corona-Pannen gerät die Union auch durch Löbel in immer schwereres Fahrwasser. Erstmals seit Ende März vergangenen Jahres rutschten CDU und CSU im Sonntagstrend der Bild am Sonntag um weitere zwei Prozentpunkte auf 32 Prozent und damit unter ihr Bundestagswahlergebnis von 32,9 Prozent. Die SPD erhielt bei der wöchentlichen Umfrage des Kantar-Instituts im Auftrag der Zeitung 16 Prozent und blieb damit unverändert, ebenso die Linke (9 Prozent). Die Grünen (19), die AfD (10) und die FDP (9) gewannen jeweils einen Punkt hinzu.

Löbel hatte am Freitag eine Beteiligung an umstrittenen Geschäften mit Corona-Schutzmasken eingeräumt. Löbels Firma kassierte demnach Provisionen von rund 250.000 Euro, weil sie Kaufverträge über Masken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Heidelberg und Mannheim vermittelt hatte. Löbel hatte sich in einem ersten Schritt nur aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurückgezogen. Das reichte seinen Kritikern nicht. Der CDU-Generalsekretär von Löbels Landesverband Baden-Württemberg, Manuel Hagel, hatte gewittert: „Wer sich mit lebensnotwendigen Gütern wie Masken die eigenen Taschen vollmacht, vertritt nicht das Volk, sondern niederste Interessen.“

Vor Löbel hatte in der Masken-Affäre der bisherige Unions-Fraktionsvize Nüßlein im Fokus gestanden. Gegen den CSU-Politiker wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Ankauf von Masken ermittelt. Nüßleins Anwalt hatte am Freitag angekündigt, dass sich der 51-Jährige wegen der gegen ihn laufenden Korruptionsermittlungen aus der Bundespolitik zurückziehen werde. Nüßlein legte auch das Amt als Vizechef der Unionsfraktion nieder, das er zunächst ruhen gelassen hatte. Die erhobenen Vorwürfe wies sein Anwalt aber zurück.

Aus der CDU hatten zuletzt schon zwei andere Abgeordnete negative Schlagzeilen gemacht. Gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Axel Fischer wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Nachdem der Bundestag die Abgeordnetenimmunität des 54-Jährigen aufhoben hatte, hatte das Bundeskriminalamt am Donnerstag nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München sechs Objekte in Berlin und Baden-Württemberg durchsucht, darunter das Bundestagsbüro, Wohnungen und Geschäftsräume. Fischer bezeichnete die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in der „Augsburger Allgemeinen“ als „haltlos“.

Vorausgegangen waren umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen, die sich gegen ehemalige und aktive Mitglieder des Bundestages richteten, die der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) angehört hatten. „Ihnen wird vorgeworfen, in der Zeit zwischen 2008 bis 2016 unter anderem Gelder aus Aserbaidschan über britische Briefkastengesellschaften mit baltischen Konten erhalten zu haben“, hieß es in der Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft. „Damit verbunden war die Aufforderung, bei Anträgen und Abstimmungen zu verschiedenen Resolutionen sowie bei der Besetzung von Funktionen und Kommissionen des Europarates Einfluss im Sinne von Delegierten des Staates Aserbaidschan zu nehmen.“

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