Der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, Lutz Engelen, warnt nach dem EuGH-Urteil vor einem „preisgesteuerten Verdrängungskampf“ anstelle eines gesunden Qualitätswettbewerbs. Um die Botschaft zu unterstreichen, hat die Kammer Nordrhein ein zweieinhalbminütiges Image-Video produziert, das die Vorteile der Vor-Ort-Apotheke herausstellt. Als politischen Botschafter konnte die Kammer den bundesweit bekannten CDU-Politiker Wolfgang Bosbach mitsamt seiner „Hausapothekerin“ Alice Bitz aus der Johanniter-Apotheke in Bergisch Gladbach gewinnen.
Wolfgang Bosbach ist nicht nur als streitbarer konservativer CDU-Politiker aus vielen TV-Talkshows bekannt. Bosbach machte außerdem seine Krebserkrankung öffentlich und sprach darüber auch im Fernsehen. Im Video der Kammer äußert er sich nicht zum geplanten Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Dafür stellt er die Bedeutung der Apotheken in den Mittelpunkt: „Den Wert eines Systems erkennt man oft erst dann, wenn es dieses System nicht mehr gibt“, beginnt Bosbach sein Statement und schildert dann seine persönlichen Erfahrungen.
Erst vor wenigen Stunden habe er erlebt wie wichtig es sei, dass Apotheken das persönliche Schicksal ihrer Patienten kennen. Er habe ein nicht rezeptpflichtiges Arzneimittel in seiner Stammapotheke kaufen wollen. „Die Apothekerin hat gleich gesagt: Herr Bosbach, nehmen Sie lieber ein anderes, wir wissen, welche Medikamente Sie leider regelmäßig nehmen müssen. Und wie hätte ich diesen Rat im Versandhandel bekommen können?“
Im Kern gehe es darum, wie man die Rolle der Apotheken sehe, so Bosbach weiter – als Supermarkt, wo man sich problemlos bedienen könne oder als „wichtiges System in der Gesundheitsversorgung in Deutschland, wo es eben nicht nur um das Verkaufen geht, sondern um das Beratungsgespräch und die Aufklärung.“
„Wir gehören zur Familie“, beschreibt Kammerpräsident Engelen den Stellenwert der wohnortnahen, unabhängigen Apotheke. Er warnt nach dem EuGH-Urteil vor einem „preisgesteuerten Veränderungskampf“ anstelle eines gesunden Qualitätswettbewerbs. Das Urteil zu den Boni für verschreibungspflichtige Arzneimittel bezeichnete Engelen als „abenteuerliche, überraschende und vollkommen anmaßende Entscheidung“. Sie widerspreche eindeutig der bisher geltenden deutschen Rechtsprechung und dem Subsidiaritätsprinzip.
Der Kammerpräsident zeigte sich überzeugt, dass nur ein Rx-Versandverbot die Arzneimittelversorgung nachhaltig sichern könne. Die Kammer habe ein versiertes Team von Juristen beauftragt, nach möglichen Alternativen zu suchen. Das Ergebnis sei eindeutig: „Der Gesetzentwurf zum Verbot des Arzneimittelversandhandels zur Sicherung des festen Arzneimittelpreises und der sich anschließenden Strukturen ist alternativlos“, stellte Engelen fest.
Bosbach war Gastredner beim traditionellen Neujahrsempfang der Apothekerkammer Nordrhein im Düsseldorfer Maxhaus. Er forderte gleiche Bedingungen für stationäre Apotheken und Versender. Es sei unfair, dass deutsche Apotheken vor Ort zum Notdienst gesetzlich verpflichtet seien, während ausländische Versand-Apotheken davon verschont wären, zitiert ihn die Kammer. Wie Engelen fordere auch Bosbach, dass Wettbewerb im Gesundheitswesen nur über die Qualität und nicht über den Preis erfolgen dürfe.
Mit dem Kurzfilm will die Kammer auf dies besondere Bedeutung der Apotheke vor Ort aufmerksam machen. Produziert wurde das Video von der auf Dokumentationen spezialisierten TV-Produktionsfirma Broadview in Köln. Die Apotheken des Kammerbezirks werden in einem Rundfax gebeten, das Video auf ihren Internetseiten zu verlinken. Außerdem steht das Video „befreundeten“ Verbänden und Unternehmen zur Weiterverbreitung zur Verfügung, so die Kammer.
APOTHEKE ADHOC Debatte