Casting in Kollnburg: Josefa und die Arztsuche
Mit ungewöhnlichen Methoden sucht die Bürgermeisterin der niederbayerischen Gemeinde Kollnburg einen Hausarzt. Im Deutschen Ärzteblatt gab Josefa Schmid (45, FDP) eine Kontaktanzeige auf. Die machte auch international Schlagzeilen. Jetzt melden sich so viele Ärzte, dass die Kommunalpolitikerin nächste Woche ein Ärzte-Casting veranstaltet. Und einen Apotheker sucht Schmid auch.
„Es ist wirklich höchst erstaunlich, was dieser kleine Zusatz für große Wirkung entfaltet”, sagte die Rathauschefin von Kollnburg der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben damit überhaupt nicht gerechnet und werden da auch ein bisschen überrollt.” Die Gemeinde hatte im Deutschen Ärzteblatt eine Anzeige für die Suche nach einem Hausarzt beziehungsweise einer Hausärztin geschaltet mit dem „Geheimtipp”: „Die Bürgermeisterin ist noch unverheiratet!” Nun sei sie schon mit einigen Ärzten in Kontakt, sagte Schmid. Unter den Bewerbungen sind auch welche, bei denen es weniger um den Ärztejob als um die unverheiratete Bürgermeisterin geht. „Das kann ich jetzt so schnell nicht beantworten”, sagte Schmid.
Laut Schmid meldeten sich bis jetzt circa 50 bis 60 Ärzte, die meisten allerdings aus dem Ausland: 40 bis 50 Stück, schätzt Schmid. Denn selbst die Times und CNN berichteten über ihre ungewöhnliche Arztsuche. Zuschriften kamen selbst aus Indien, erzählt Schmid nicht ohne Stolz. Neben nicht ernstgemeinten Angeboten hat Schmid gut zehn seriöse Anfragen von Ärzten aus Deutschland erhalten. In der kommenden Woche gibt es ein erstes Casting: Zwei Ärzte, einer aus dem Großraum Frankfurt am Main und eine weiterer aus Bad Berleburg, stellen sich bei der Kollnburger Bürgermeisterin vor.
Schmid hat vorgesorgt, dass daraus ein ernsthaftes Gespräch wird. Die Bürgermeisterin hat in der Gemeinde geeignete Praxisräume gefunden: „In einem Privathaus“, wie sie berichtet. Zuschüsse zur Praxisgründung könne die Gemeinde nicht geben, sagt sie. Aber: Der Freistaat Bayern stelle über ein Förderprogramm für Landärzte 60.000 Euro für die Praxiseinrichtung zur Verfügung. Sie hofft, damit einen der Bewerber überzeugen zu können.
Denn seit Mitte der 90er Jahres gebe es keinen Arzt mehr in der knapp 3000 Seelen-Gemeinde. Auch mit der Arzneimittelversorgung steht es in Kollnburg nicht zum Besten. Die nächste Apotheke ist sieben Kilometer entfernt. Und es gibt seit einem Jahrzehnt keine Rezeptsammelstelle mehr: „In Kollnburg wird es ab Anfang Februar werktags eine ‚mobile Apotheke‘ mit zwei Briefkästen zum Rezepteinwurf und zwei Abholstellen in Kirchaitnach und Kollnburg geben“, berichtete der Kollnburger Gemeindebote Anfang 2009.
Die mobile Apotheke funktionierte folgendermaßen: Am Rathaus in Kollnburg und an der ehemaligen Schule in Kirchaitnach hänge ein Apotheker-Briefkasten, ein weißer Briefkasten mit einem „Apotheker-A“. Die Rezepte und schriftlichen Bestellungen könnten dann einfach in den Apotheker-Briefkasten eingeworfen werden. Die Lieferung erfolge kostenlos am nächsten Werktag um ca. 17.25 Uhr ins Geschäft „Heizung und Sanitär Weindl“ im Kirchenweg 6 in Kollnburg und in den Getränkemarkt Piller in Kirchaitnach. Wichtig sei noch, dass die Medikamente nur da abgeholt werden können, wo das Rezept bzw. die Bestellung eingeworfen worden sei.
Das System funktionierte aber nur kurze Zeit. Im Mai 2009 war wieder Schluss: „Die Gemeinde teilt mit Bedauern mit, dass der Viechtacher Hausarzt Dr. Franz Müller nicht – wie bereits mit Anzeige angekündigt – die Filialarztpraxis zum 6. April im ehemaligen Schulhaus Kirchaitnach eröffnet hat. Grund sind die derzeit schwierigen Honorarverhandlungen der bayerischen Ärzteschaft und gravierende Umwälzungen im Gesundheitssystem. Auch die Mobile Apotheke in der Gemeinde hat nun im April ihren Service eingestellt. Auch hier liegen die Gründe in der Bundespolitik, die unternehmerisches Engagement in diesem Bereich nicht unterstützt.“
Jetzt hofft Schmid, dass nach der möglichen Praxisgründung auch wieder eine Arzneimittelversorgung in Kollnburg stattfindet. Denn die Lage für nicht mobile Patienten sei schwierig, erzählt die Bürgermeisterin: „Es gibt zwar ein Rufbus-System. Aber das dauert eine Stunde, bis der Bus zur nächsten Apotheke kommt. Und auch dabei müssen die Patienten zur nächsten Haltestelle laufen. Das schaffen viele nicht.“
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