Die Cannabisbranche fiebert der Legalisierung entgegen – und bringt sich mit ihren Vorstellungen frühzeitig ins Gesetzgebungsverfahren ein. Der Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW) etwa hat für die Anhörungen im Bundesgesundheitsministerium (BMG) Fehler und Erkenntnisse aus anderen Ländern zusammengetragen. Ein Punkt: Apotheken könnten schnell zum Nadelöhr werden.
Beispiel: Uruguay. Hier war 2017 der Verkauf von Marihuana in ausgewählten Apotheken erlaubt worden. Registrierte Nutzer können landesweit zwei Sorten Hanf in Mengen von maximal zehn Gramm pro Woche erwerben. Laut BvCW gibt es aber nicht nur Überregulierung und zu viel Kontrolle, sondern auch zu wenig Abgabestellen: Laut Verband gibt es im ganzen Land nur 25 Apotheken, die als Verkaufsstellen für Cannabis für Erwachsene zugelassen sind und die psychoaktive Blüten an 49.475 registrierte Personen verkaufen können.
Daneben gibt es lediglich zwei weitere Formen des Zugangs, nämlich 242 sogenannte Cannabis Social Clubs, die 7085 Nutzer erreichen und die 14.028 zugelassenen Eigenanbauer. „Insgesamt sind etwa 70.000 Personen registriert, bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 3,5 Millionen Menschen“, schreibt der Verband. „Aufgrund der unzureichenden Anzahl von Abgabestellen wird ein Teil des Marktes dem Schwarzmarkt überlassen.“
Seine Forderung daher: Keine Limitierung der Zahl von Abgabestellen beziehungsweise lizenzierten Fachgeschäften. Außerdem dürfe es keine Einschränkung für die Konsumenten bezüglich des Bezugswegs geben; vielmehr müssten verschiedene Distributionswege geschaffen und durchlässig gemacht werden, zum Beispiel Fachgeschäfte, Apotheken und Onlinehandel. Ansonsten bleibe der illegale Markt interessant für Personen, die sich „Zugang zu mehr Cannabis verschaffen wollen oder nicht bereit sind, sich für den Zugang zu Cannabis zu registrieren“.
Problematisch sei auch, dass in Uruguay nur Apotheken als Verkaufsstellen zugelassen seien. „Dies geschah, ohne die Apotheker in den Konsulationsprozess einzuspannen. Dies führte zu mehreren Problemen, die zu einem Mangel an Verkaufsstellen führten: Apotheker waren anfangs gegen den Verkauf von Cannabis, da es noch kein Medizinalprodukt war und es deswegen große Vorbehalte gegen den Verkauf von Cannabis als Genussmittel gab. Somit war es zu Beginn wirklich schwierig Apotheken für das Projekt zu gewinnen, so dass große Teile des Landes keinen Zugang hatten, weil keine Apotheke in der Gegend verkaufen wollte.“
Daher müssten die Apothekerverbände rechtzeitig in den Konsultationsprozess einbezogen werden, um sich auf eine zusätzliche Abgabe von Cannabis als Genussmittel in Apotheken zu einigen. Ohnehin sollte es keine Exklusivität in der kontrollierten Abgabe von Cannabis in Apotheken geben, sondern einen „Fokus auf spezialisierte Fachgeschäfte mit geschultem Personal“.
Ganz andere Probleme hat der Verband in den USA ausgemacht, wo Cannabis als Genussmittel in 18 Staaten erlaubt und in weiteren 13 als Genussmittel entkriminalisiert ist. Hier führen vor allem zu hohe Steuern und Zahlungsprobleme zu Schwierigkeiten: „Das Finanz- und Bankensystem hat aufgrund der Illegalität auf Bundesebene keine Geld-Transaktionen im Zusammenhang mit Cannabisgeschäften abgewickelt. Daher waren nur Bargeldtransaktionen möglich. Dies fördert die Ineffizienz des regulierten Marktes und erschwert die Finanzierbarkeit der zu schaffenden Infrastruktur. Hohe Bargeldbestände führten zu häufigen Überfällen auf Abgabestellen.“
Außerdem seien Einzel- und Großhändler in der Anfangsphase verpflichtet gewesen, 70 Prozent ihres angebotenen Cannabis selbst zu produzieren. Dies habe zu einem ressourcenintensiven Anbau geführt; Vertriebslizenzen sollten daher nicht an eine Verpflichtung zum Anbau geknüpft werden. Noch ein Problem: Die Strafen für illegalen kommerziellen Anbau seien zu niedrig.
In Portgual schließlich ist Cannabis zwar nicht legal zu Genusszwecken erwerblich; allerdings ist Cannabis entkriminalisiert. Der Besitz von Cannabis für den persönlichen Gebrauch wird als Ordnungswidrigkeit behandelt und nicht mehr mit Freiheitsstrafe geahndet wird. Anbau und Ankauf von Cannabis in großen Mengen seien zwar verboten, aber im Prinzip werde der Schwarzmarkt offen geduldet. „In der Folge gibt es keine staatliche Kontrolle der Lieferkette, somit ist der Anbau und Vertrieb in der Hand des Schwarzmarkts. Somit auch stärkere Vertriebsstruktur für härtere Drogen.“ Verkauft werde unbekannte Qualität mit unbekannten Wirkstoffgehalt, sodass die Gefahr von Streckmitteln bestehe. Anbau und Großhandel müssten daher unter strengen Voraussetzungen ermöglicht und reguliert werden. „Die gesamte Wertschöpfungskette muss legal sein.“ Wirkstoffangaben und Qualitätskontrollen müssten obligatorisch sein.
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