Die Stadt Frankfurt plant eine Studie, um den legalen Verkauf von Cannabis über Fachgeschäfte zu prüfen. „Wir gehen damit einen wichtigen Schritt. Denn die regulierte Abgabe von Cannabis hat in vielerlei Hinsicht großes Potenzial“, sagte Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Grüne). So könnten Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt, die Justiz entlastet und der illegalen Drogenhandel reduziert werden. Die geplante Untersuchung könne sofort beantragt werden, sobald der Bund die Zuständigkeiten geklärt habe, hieß es. Ein ähnliches Projekt ist fast zeitgleich in Hannover geplant. Wiesbaden will den Cannabis-Verkauf in Apotheken testen.
Schon Ende 2021 hatte die Stadt Wiesbaden beschlossen, dass die Landeshauptstadt ein Modellprojekt zur Cannabis-Abgabe über Fachgeschäfte zusammen mit anderen Kommunen plant. Am 15. August ging die Umsetzung in den nächsten Schritt. Der Verein Cannabis Forschung Deutschland sollte dazu ein bundesweites und forschungsbasiertes Modellprojekt unter wissenschaftlicher Begleitung des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung Hamburg auf Bundesebene beantragen. Als künftige Abgabestellen sollen auf Wunsch des Gesundheitsdezernats Wiesbaden „die etablierten und mit hoher Fachkenntnis versehenen Apotheken ins Auge gefasst werden“.
Gesundheitsdezernentin Milena Löbcke betonte die Bedeutung dieses Schrittes für eine zeitgemäße Sucht- und Drogenpolitik: „Der Aufbau einer zweiten Säule neben dem privaten Anbau und den Anbauvereinigungen ist essenziell, um den Schwarzmarkt zu marginalisieren und die Zielstellungen eines erfolgreichen Kinder-, Jugend- und Gesundheitsschutzes zu erreichen. Mit der Abgabe über Apotheken werden wir dafür Sorge tragen, dass die hohen pharmazeutischen Standards auch für die Abgabe von Cannabis greifen“. Schon heute liege Apotheken ein hoher Erfahrungsschatz durch die Medizinalcannabis-Abgabe vor. Die finalen Rahmenbedingungen sind allerdings noch nicht festgelegt. Ähnliche Projekte gibt es auch in der Schweiz.
Doch wie sieht die Frankfurter Studie konkret aus? Fünf Jahre lang sollen registrierte Probanden in eigens errichteten Fachgeschäften legal Cannabisblüten und andere THC-haltige Produkte kaufen können. Wer mitmacht, muss in Frankfurt wohnen, volljährig und gesund sein sowie an regelmäßigen Befragungen und Untersuchungen teilnehmen. Andere Menschen dürfen in den Geschäften nicht einkaufen. Gerechnet wird mit Tausenden Teilnehmenden.
Generell ist Kiffen für Volljährige seit 1. April mit Beschränkungen legal. Seitdem erlaubt ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen gleichzeitig in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis. Seit 1. Juli können nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ mit bis zu 500 Mitgliedern an den Start gehen, aber müssen dafür zuerst einmal eine Erlaubnis beantragen.
Da das bislang die einzigen legalen Wege seien, um an Cannabis zu kommen, erhofft sich die Stadt über die Fachgeschäfte einen regulierten Zugang zu sauberen Produkten. Damit soll auch der Schwarzmarkt eingedämmt werden, auf dem mitunter verunreinigtes Cannabis angeboten werde, hieß es.
Die Studie solle vor allem dem Gesundheitsschutz zugutekommen, sagte der Leiter des Frankfurter Drogenreferats, Artur Schroers. „Wir erhoffen uns mehr Schadensminderung für Cannabiskonsumierende und eine bessere Integration von Personen mit riskantem Konsum in das Hilfesystem.“ Das Unternehmen Sanity, das in der Schweiz für ein ähnliches Projekt vergleichbare Fachgeschäfte betreibt, ist für die Umsetzung verantwortlich. Wissenschaftlich begleiten werden soll die Studie von dem Drogen-Experten Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences.
An bis zu drei Verkaufsstellen im Stadtgebiet will Hannover vom kommenden Jahr an Cannabis abgeben. Auch hier können sich nur Teilnehmende eines Modellprojekts legal mit THC-haltigen Produkten wie Haschisch oder Cannabisblüten eindecken – und auch nur in den gesetzlich erlaubten Mengen. Die wissenschaftlich begleitete Studie soll Aufschluss über das Konsumverhalten, die Auswirkungen auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt geben.
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) sagte, dass die Erkenntnisse aus der Studie in künftige politische Entscheidungen einfließen werden. Kooperationspartner sind die Stadt Frankfurt/Main und Sanity.
Nach Angaben der Stadt Hannover handelt es sich um das bundesweit erste Modellprojekt dieser Art. Die voraussichtlich etwa 4000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen über 18 Jahre alt sein und ihren Wohnsitz in Hannover haben. Ein Forscherteam der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wird sie regelmäßig befragen. Eine Weitergabe von gekauften Produkten an Dritte führe zu einem sofortigen Ausschluss, hieß es.
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