Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat gemeinsam mit Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) die neuen Pläne für die Cannabis-Legalisierung vorgelegt: Ein Zwei-Säulen-Modell soll den Weg ebnen. Es ist wegen des Widerstands der EU-Kommission eine deutlich abgespeckte Version des Vorhabens, das die Ampel im Koalitionsvertrag versprochen und das Lauterbach in den Grundzügen bereits im Herbst vorgestellt hatte. Apotheken spielen vorerst keine Rolle.
Die ursprünglichen Pläne, die Lauterbach vor einem halben Jahr vorgelegt hatte, gingen der EU-Kommission zu weit und mussten daher in den letzten Monaten überarbeitet werden. In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP verabredet, die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einzuführen. Solche Cannabis-Shops gibt es etwa in den USA in einigen Bundesstaaten. Von Anfang an gab es Bedenken, dass das Ampel-Vorhaben an internationalem und EU-Recht scheitern könnte oder davon ausgebremst wird. Kürzlich kam auch der SPD-Parteivorstand zu dem Schluss: „Eine umfassende Legalisierung ist aus europarechtlichen Gründen offensichtlich kurzfristig nicht umsetzbar.“
Die neuen Eckpunkte beinhalten nun ein 2-Säulen-Modell („Club Anbau & Regional-Modell/ CARe): In einem ersten Schritt sollen der Anbau in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen und der private Eigenanbau bundesweit ermöglicht werden. Die Abgabe in Fachgeschäften wird dann in einem zweiten Schritt als „wissenschaftlich konzipiertes, regional begrenztes und befristetes Modellvorhaben“ umgesetzt. Dabei schließe man auch die Einbindung von Apotheken nicht aus, so Lauterbach. Man müsse aber den Gesetzentwurf abwarten.
Im ersten Schritt sollen nicht-gewinnorientierte Vereine unter „engen, klar definierten gesetzlichen Rahmenbedingungen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben“ können. Die Mitglieder sollen dabei möglichst aktiv in der Vereinigung mitwirken, Mitarbeitende der Vereinigungen dürfen auch beim Anbau mitwirken, eine Beauftragung Dritter mit dem Anbau wird hingegen ausgeschlossen.
Ein solcher „Cannabis-Social-Club“ darf maximal 500 Mitglieder umfassen, das Mindestalter für eine Mitgliedschaft beträgt dabei 18 Jahre und es soll lediglich die Mitgliedschaft in einem Club erlaubt sein. Die Rahmenbedingungen für den Umgang sollen aber in einem gesonderten Gesetz geregelt werden, ein konkreter Entwurf für die erste Säule soll noch im April kommen.
Die Vereinigungen sollen Saatgut beschaffen dürfen und neben dem geernteten Genusscannabis sollen an die Mitglieder auch von der Vereinigung erzeugte Samen und Stecklinge für den Eigenanbau abgegeben werden dürfen. Man prüfe, ob und wie Saatgut und/oder Stecklinge für den privaten Eigenanbau zu Selbstkosten über die Vereinigungen bezogen werden dürfen, ohne dass die Mitgliedschaft in einer Vereinigung dafür Voraussetzung ist.
Die Zulassung und Überwachung in Bezug auf die Einhaltung der Mengen-, Qualitäts- und Jugendschutzvorgaben soll den Landesbehörden obliegen. Die Anbau- und Erntemengen sollen auf Bedarfsdeckung ausgerichtet sein, dafür bestehen dann entsprechende Berichts- und Dokumentationspflichten zu erzeugten und abgegebenen Mengen. Im- oder Exporte von Genusscannabis werden verboten sein.
Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenes Gramm dazu.
Für gemeinschaftlichen Eigenanbau sollen außerdem Qualitätsvorgaben gelten, die ein Verbot von Zusatzstoffen oder Beimengungen umfassen. Die Abgabe darf nur in Reinform (Blüten oder Harz) in neutraler Verpackung oder lose mit beigefügten Informationen zu Produkt erfolgen. Wie vorab bekannt geworden, soll der Besitz von bis zu 25 Gramm zum Eigenkosum straffrei sein. Der straffreie private Eigenanbau umfasst maximal drei weibliche blühende Pflanzen.
Die zweite Säule setzt im nächsten Schritt auf dem Weg zu einer bundesweiten Regelung die weiteren Ansätze aus dem Eckpunktepapier um: Unternehmen soll die Produktion, der Vertrieb und die Abgabe in Fachgeschäften von Genusscannabis an Erwachsene in einem lizensierten und staatlich kontrollierten Rahmen ermöglicht werden. Die Projektlaufzeit soll fünf Jahre ab eingerichteter Lieferkette betragen, dabei soll eine räumliche Begrenzung auf Abgabestellen und erwachsene Einwohner bestimmter Kreise/ Städte in mehreren Bundesländern (Opt-in-Ansatz) gelten.
Beide Säulen sollen in konkrete Gesetzentwürfe einfließen, wobei der Arbeitsentwurf zur ersten Säule noch im April vorgelegt werden soll, nach der Sommerpause folgt der Gesetzentwurf zur zweiten Säule. Dieser sei aber „voraussichtlich weiterhin notifizierungspflichtig“, wie es von der Bundesregierung heißt. Das bedeutet, dass wohl die EU mitreden darf und damit im Moment unklar ist, ob daraus am Ende etwas wird.
Parallel setze die Bundesregierung auch ihre Bemühungen fort, für ihre Ansätze bei den europäischen Partnern zu werben und mittelfristig den einschlägigen EU-Rechtsrahmen flexibilisieren und weiterentwickeln zu können. Es gehe um die Änderung des Strafrechts, und dafür seien die Stimmen von sieben Mitgliedstaaten notwenig, so Lauterbach.
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