Cannabis: Modellregionen statt bundesweiter Legalisierung Hanna Meiertöns, 31.03.2023 15:40 Uhr
Die geplante Cannabis-Legalisierung in Deutschland kommt möglicherweise schrittweise und könnte weniger umfassend ausfallen als im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vereinbart. Medienberichten zufolge gibt es zumindest in der SPD und im SPD-geführten Bundesgesundheitsministerium Überlegungen, das Vorhaben wegen rechtlicher Bedenken zunächst zurückhaltender zu gestalten.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte am Freitag auf Nachfrage neue Vorschläge für die geplante Legalisierung an, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen. Man sei bei dem Gesetz auf einem guten Weg und werde überarbeitete Vorschläge „in Kürze“ vorstellen, sagte er in Berlin.
Vor einigen Wochen hatte der Gesundheitsminister bereits gesagt, dass das ursprüngliche Eckpunktepapier, das er im Herbst vorgelegt hatte, „mittlerweile etwas verändert“ worden sei. Die Vorlage eines Gesetzentwurfs hatte er eigentlich bis Ende März angepeilt. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte am Freitag, es handele sich um ein hochkomplexes Verfahren. Ein Termin könne nicht genannt werden.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, die kontrollierte Abgabe der Droge an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften möglich zu machen. Im Eckpunktepapier hatte Lauterbach erste konkrete Vorschläge dazu gemacht. Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen demnach künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm „Genusscannabis“ sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in „lizenzierten“ Fachgeschäften und möglicherweise auch Apotheken ermöglicht werden.
Probleme im Schengen-Raum
Von Anfang an wurde aber befürchtet, dass das Vorhaben an internationalem Recht scheitern könnte oder zumindest davon ausgebremst wird. So haben sich die Staaten des Schengen-Raums beispielsweise im „Schengener Durchführungsübereinkommen“ dazu verpflichtet, „die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden“.
Lauterbach hatte Mitte März zwar gesagt, er habe von der EU-Kommission sehr gute Rückmeldungen zu dem Vorhaben bekommen. Die SPD-Spitze geht einem „Spiegel“-Bericht zufolge nun aber davon aus, dass eine umfassende Legalisierung „aus europarechtlichen Gründen offensichtlich kurzfristig nicht umsetzbar“ ist. Der „Spiegel“ beruft sich auf einen Beschluss des Parteivorstands. Darin heißt es dem Bericht zufolge weiter: Man unterstütze daher Lauterbach und die Bundesregierung „bei praktikablen Schritten hin zur Legalisierung“. Genannt werden etwa Modellprojekte.
Erstmal nur Modellregionen
Nach Informationen von „Zeit Online“ sehen Lauterbachs überarbeitete Vorschläge für das Gesetz vor, den Verkauf von Cannabis zunächst befristet auf vier Jahre in einigen Modellregionen in speziell festgelegten Läden zu erproben und dies wissenschaftlich zu begleiten. Bei entsprechendem Erfolg ließe sich diese regionale Legalisierung von Cannabis dann in der kommenden Wahlperiode auf ganz Deutschland ausweiten und verstetigen, heißt es in dem Bericht. Daneben könnten der Eigenanbau und die Gründung sogenannter Cannabisclubs erlaubt werden - Vereine, in denen sich Menschen zusammentun, um Cannabis anzubauen. Dafür spricht sich laut „Spiegel“ auch die SPD-Spitze aus.
Lauterbach, der ursprünglich selbst gegen eine Cannabis-Legalisierung war, diese nun als zuständiger Minister in der Ampel aber umsetzen muss, äußerte sich am Freitag am Rande einer Konferenz mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten inhaltlich nicht näher zum Thema. Er wiederholte lediglich, das Ziel der Reform sei nicht, den Cannabis-Konsum in Deutschland auszudehnen, sondern den Konsum, der schon da sei, zu kontrollieren und den Schwarzmarkt und die Kriminalität zu bekämpfen. Es gehe um besseren Kinder- und Jugendschutz. „Daran arbeiten wir, und dafür werden wir einen umfassenden Vorschlag vorlegen.“
Aus Sicht der Union sind die bisher bekannten Pläne das Gegenteil von Jugendschutz. „Die geplante Legalisierung von Cannabis suggeriert eine neue Form von Freiheit, von Unbedenklichkeit, die gefährlich ist“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). Sie kritisierte:„Niemand spricht darüber, welches Ausmaß der Cannabis-Konsum jetzt schon angenommen hat und welche Gesundheitsschäden anhaltender Cannabis-Konsum gerade bei jungen Menschen anrichten kann.“ Deutschland drohe zum „Drogenumschlagplatz Nummer Eins in Europa zu werden“.