Cannabis: Kein Lieferengpass mehr Deniz Cicek-Görkem, 21.06.2018 17:06 Uhr
Der Lieferengpass von medizinischem Cannabis ist nicht nur unter Patienten und Apothekern ein Dauerthema, sondern auch unter Politikern. Nach Angaben der Bundesregierung ist die Versorgung von Patienten in Deutschland derzeit durch Importe gesichert, aktuelle Lieferschwierigkeiten für Cannabisblüten, wie im vergangenen Sommer, gibt es nicht. Falls die Blüten in einer Apotheke nicht erhältlich sind, könnten sie in anderen Apotheken verfügbar sein. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke hervor.
Derzeit wird Cannabis zu medizinischen Zwecken aus Kanada und den Niederlanden importiert, langfristig soll der Hanf jedoch in Deutschland angebaut und vertrieben werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kündigte zuerst an, dass deutsches Cannabis im Jahr 2019 erhältlich sein sollte. Auf die Ausschreibung vom BfArM hatten sich 118 Firmen beworben, einige von ihnen hatten gegen das Vergabeverfahren geklagt, was dann Ende März gerichtlich gestoppt wurde.
Eine neue Veröffentlichung der Ausschreibung soll in Kürze erfolgen. So soll das Volumen angepasst werden. Das BfArM beabsichtigt, eine dem Bedarf entsprechende Cannabis-Menge auszuschreiben. Die Produktion verzögert sich daher vorerst, der Termin für 2019 wird offensichtlich nicht eingehalten werden können. Abgeordnete der Fraktion Die Linke wollten es genauer wissen: „Wie lautet die Prognose der Regierung für die erste Cannabisernte in Deutschland?“. „Mit einer ersten Ernte […] wird im Jahr 2020 gerechnet“, antwortet die Bundesregierung.
Cannabisblüten sind Rezepturarzneimittel und werden dementsprechend vor Abgabe einer Identitätsprüfung unterzogen. „Erwägt die Bundesregierung, Cannabisblüten rechtlich Fertigarzneimitteln gleichzustellen, damit der Aufschlag [… ] durch die Prüfung der Apotheken entfällt?“, so eine Frage der Politiker. Fertigarzneimittel unterliegen der Zulassungspflicht nach Arzneimittelgesetz (AMG), Pharmakonzerne müssten in solch einem Fall Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit mit Studien nachweisen. „Sonderregelungen für einzelne Arzneimittel sind nicht vorgesehen“, schreibt die Bundesregierung. Die Prüfung in der Apotheke diene der Gewährleistung der pharmazeutischen Qualität sowie der Sicherheit der Cannabistherapie. Sie ist daher „unverzichtbar“.
Die Identifizierung geht mit einem Aufschlag einher, den die Apotheker nach Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) taxieren. Der Rezepturaufschlag beträgt 100 Prozent, wenn die Cannabis-Blüten vom Apotheker geprüft und an den Patienten weiter gegeben werden. Werden die Cannabis-Blüten beispielsweise zu Tee verarbeitet, beträgt der Aufschlag 90 Prozent. Hinzu kommen weitere Kosten, die im Rahmen einer Rezeptur anfallen. Entsprechend müssen die Zubereitungen nach § 4 oder § 5 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) abgerechnet werden.
Die Details zu den Preisen für die Ausgangsstoffe werden in der Hilfstaxe geregelt; hier hatten Deutsche Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband zuletzt verhandelt. Gespräche wurden nach Angaben eines ABDA-Sprechers im Dezember geführt, aber „bislang ohne Ergebnis“. Die Abgeordneten wollten in ihrer Anfrage nun wissen, wie der aktuelle Stand der Verhandlungen sei, dass das Ziel haben, den Abgabepreis von Cannabis zu senken. „Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen“, so die Bundesregierung.
Ein weiteres Thema für die Abgeordneten war die – zum Zeitpunkt der Anfrage geplante – Legalisierung von Cannabis in Kanada zu Genusszwecken, die kürzlich umgesetzt wurde. Wird etwa die Versorgung gefährdet? Die Bundesregierung sieht keinen Grund zur Sorge, denn der bisherige kanadische Rechtsrahmen für den Anbau und den Vertrieb von Medizinalhanf soll auch unter der geplanten neuen kanadischen Gesetzgebung fortgeführt werden. „So soll ein getrenntes System für die Versorgung mit Cannabis zu medizinischen Zwecken aufrecht erhalten bleiben.“