Auf das erste legale Gras müssen Menschen in Deutschland möglicherweise länger warten als erhofft. Theoretisch dürfen sogenannte Cannabis Social Clubs in Deutschland ab dem 1. Juli Anbauvereinigungen gründen, um gemeinschaftlich Gras anzubauen und an Vereinsmitglieder abzugeben. Praktisch sind aber wohl die wenigstens Vereine in der Lage, in knapp drei Wochen an den Start zu gehen und eine Erlaubnis zu beantragen, wie eine Nachfrage beim Verband Cannabis Anbauvereinigungen Deutschland (CAD) zeigt.
„Mir persönlich sind keine Clubs bekannt, die zum jetzigen Zeitpunkt Gewächshäuser oder andere Gebäude bauen“, sagt CAD-Vorständin Jana Halbreiter. Deutschlandweit gebe es mehr als 100 bestehende Clubs.
Das Problem laut Halbreiter: Den Vereinen fehlt Planungssicherheit. Die Bundesländer hätten bislang keine klaren Regelungen für die Lizenzen aufgestellt und „bis auf wenige Ausnahmen“ noch nicht mal eine zuständige Behörde benannt. „Die noch zu nennende Behörde hat dann weitere drei Monate Zeit, den Antrag entweder zu genehmigen oder abzulehnen, was zu einer weiteren Verzögerung führen dürfte, sofern der zeitliche Rahmen vollständig ausgeschöpft wird.“ Auch, wie die Präventionsarbeit der Clubs aussehen müsse, sei im Detail bislang nicht geklärt.
All das halte die meisten Vereine davon ab, größere Summen zu investieren, sagte die CAD-Vorständin. „Es macht wenig Sinn, loszurennen, wenn man nicht weiß, wohin.“ Zum jetzigen Zeitpunkt rate sie daher auch davon ab, Mietverträge für Produktionsflächen abzuschließen. „Mit der Kommunikation der Eckpunkte im April 2023 entflammte eine große Euphorie, die leider durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen wieder im Keim erstickt wurde, und den Enthusiasmus stark eingebremst hat.“ Es sei schwer abzuschätzen, wie viele Clubs noch in diesem Jahr mit dem Anbau beginnen könnten, auch weil es Unterschiede in den Bundesländern gebe.
Torsten Dietrich vom Cannabis Social Club Berlin hofft immer noch, Anfang kommenden Jahres das erste Gras an die Club-Mitglieder auszugeben. Langsam werde es aber ganz schön eng. Eigentlich wollte der Verein schon mit dem Bau eines Gewächshauses begonnen haben. Eine Fläche wurde bereits ausgewählt, Verträge vorbereitet. Am 1. Juli sollte die Lizenz für eine Anbaugemeinschaft gestellt werden. „Ich hatte persönlich die Hoffnung, dass wir es hinkriegen.“ Doch auch in Berlin sei bislang nicht klar, welche Behörde zuständig ist. Wegen der Verzögerungen seien bereits einige Mitglieder ausgetreten, sagt Dietrich. Dietrich hofft trotz der Unsicherheiten am Zeitplan festhalten zu können. „Wir planen immer noch mit einem Anbaustart im Oktober.“
Die Berliner Gesundheitsverwaltung teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, „intensiv“ daran zu arbeiten, eine Zuständigkeitsverordnung zu erstellen. „Es wird mit Hochdruck an der Umsetzung gearbeitet – auch mit Blick auf die Regelungen für Anbauvereinigungen“, erklärte ein Sprecher.
Diese Woche bereiten Halbreiter und Dietrich sich erst einmal auf die Hanfmesse „Mary Jane“ vor, die von Freitag bis Sonntag (14. bis 16. Juni) in Berlin stattfindet. Die Legalisierung von Cannabis hat der Messe einen kleinen Boom beschert. Die Veranstalter erwarten 40 000 Besucher. Vergangenes Jahr hätten etwa 25 000 Menschen die Messe besucht. Mehr als 400 Aussteller aus der ganzen Welt präsentieren Produkte für den Eigenbau, Zubehör fürs Kiffen, aber auch Medizin- und Kosmetikprodukte aus Hanf.
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