Die Bemühungen für den Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland kommen nur langsam voran. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Aufträge zur Produktion an Unternehmen ausgeschrieben hat, hat die Frist dafür erneut verlängert. Stichtag sei nun der 11. Dezember, erklärte die Behörde auf Anfrage. Die Frist war schon zuvor verschoben und zuletzt auf heute gelegt worden. Gründe für den neuerlichen Aufschub nannte das BfArM nicht. Die Behörde will mindestens drei Firmen Medizinalhanf unter Staatsaufsicht und hohen Qualitätsstandards anbauen lassen. Zudem wird weiter zusätzlich Cannabis importiert.
Der Zuschlag soll laut früheren Angaben im ersten Halbjahr 2019 folgen, das der Wirkstoff „voraussichtlich ab 2020“ zur Verfügung steht. Ausgeschrieben werden 10,4 Tonnen Cannabis, verteilt auf vier Jahre.
Bisher war der Prozess nur schleppend in Fahrt gekommen. So hatte ein Gericht im März die erste Ausschreibung für den Anbau von 6,6 Tonnen Cannabis gestoppt, weil die Fristen für Unternehmen zu kurz waren. Das zunächst geplante Anbaujahr 2019 war so nicht zu halten. Bei der ersten Ausschreibung bewarben sich 118 Firmen, nun sollen es Kreisen zufolge doppelt so viele sein. Das BfArM äußerte sich dazu nicht.
Unklar ist, ob die ausgeschriebenen 10,4 Tonnen Cannabis ausreichen. Die Menge ist zwar viel höher als in der ersten Ausschreibungsrunde. Doch seit der Liberalisierung 2017 erlebt Medizin-Hanf einen Boom. Hatten einst nur rund 1000 Kranke eine Ausnahmegenehmigung, können Ärzte heute Cannabis bei Vorliegen einer genauen Begründung frei verschreiben. Ärzte und Apotheker berichten von einer stark steigenden Nachfrage. Branchenexperten sprechen von 15.000 Cannabis-Patienten, genaue Daten zu deren Zahl gibt es nicht.
Die Wirkstoffe von Cannabis können Schmerzen bei Krebserkrankungen, Übelkeit nach Chemotherapien oder Spastiken bei Multipler Sklerose lindern. Teils ist die medizinische Wirksamkeit aber umstritten.
Ausführend ist beim BfArM die sogenannte Cannabisagentur der Behörde, die die Blüten und Zubereitungen ankauft, in Besitz nimmt und einen Herstellerabgabepreis festlegt, um das Cannabis an Arzneimittelhersteller, Großhändler und Apotheken zu verkaufen. Außerdem soll sie die Abgabe in den Apotheken überwachen. Der tatsächliche Abgabepreis in der Apotheke unterliegt jedoch der Arzneimittelpreisverordnung und kann vom BfArM nicht beeinflusst werden.
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Cannabis im Visier. Er will die Vergütung der Abgabe neu regeln. Laut einem Referentenentwurf zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) können rund 25 Millionen Euro eingespart und somit die Ausgaben für medizinisches Cannabis halbiert werden. Seit der Freigabe von Medizinalhanf ist eine Debatte über die Apothekerpreise entbrannt.
APOTHEKE ADHOC Debatte